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Mit:
Datum: 4. März 2008
Location: Festhalle
FrankfurtMain
Alle Termine ohne Gewähr

Review

laut.de-Kritik

Die neunmalige Grammygewinnerin beehrt die Frankfurter Festhalle.

Review von David Hilzendegen

"Go and make money but don't let the money make you", sind die letzten Worte des Priesters, der auf der Leinwand eine circa zehnminütige Predigt hält, bevor sich endlich die hintere Bühnenwand öffnet. Herausgefahren kommt ein schwarzer Flügel auf einem rotierenden Podest, dahinter sitzt die neunmalige Grammygewinnerin Alicia Keys, auf die die bundesdeutsche Presse schon seit Jahren wartet.

Zumindest kommt es mir in diesem Moment im Fotograben zwischen den Teleobjektiven der Kollegen von Bild, der dpa und dem Kamerateam vom ZDF so vor. Ebenso überrascht wie vom Medienrummel bin ich vom Publikum: den Weg in die nicht ganz ausverkaufte Frankfurter Festhalle finden gleichermaßen Männlein wie Weiblein – hauptsächlich ab Mitte 20 aufwärts. Der Termin an einem Dienstagabend und knapp 50 Euro für die günstigste Karte tragen wohl das Ihre dazu bei.

Das Konzert beginnt, wie es der Ruf Alicia Keys' verspricht. Sie ist der etwas andere Popstar, sie kann nicht nur großartig singen, sie tut es auch tatsächlich live, egal ob sitzend am Klavier, stehend an der Orgel oder tanzend mit ihren Bühnenpartnern. Dementsprechend hat sie es auch nicht nötig, ihre Reizen in den Vordergrund zu stellen. Im verhältnismäßig züchtigen Outfit sind ihre ersten Worte an das Publikum, dass sie heute Abend eine Einführung in ihr Leben geben wolle.

Das scheint bisher ein einziges Auf und Ab gewesen zu sein, denn immer wieder wechseln sich langsame Stücke mit schnelleren ab, mal wetzt die New Yorkerin über die Bühne, mal steht sie schmachtend im Scheinwerferlicht. Und ist dabei so atemberaubend schön, dass die halbnackte Konkurrenz vor Neid erblasst.

Am stärksten ist sie immer, wenn sich ihre Band zurück nimmt und sie die Masse nur mit ihrer Stimme und ihrem Klavier zum Schweigen bringt. Als sie in der Mitte des Konzerts mit "Send Me An Angel" auf die Hilfsorganisation "Keep A Child Alive" aufmerksam macht, stellen sich die Nackenhaare von knapp 8.500 Menschen auf. Die Bilder von an Aids erkrankten Kindern und der Slogan "Lets start a virus to kill a virus", die immer wieder auf der überdimensionalen Leinwand hinter ihr erscheinen, tragen viel zur Stimmung bei.

So geschickt sie die Technik für ihre Hilfs-Kampagne einsetzt, so übertrieben wirkt sie an anderer Stelle. Bei den pochenden pinken Herzen von "Heartburn" muss ich noch schmunzeln, die babyblauen und rosa Schmetterlinge bei "Butterflies" entlocken mir nicht mehr als verdrehte Augen. Spätestens bei den knutschenden und kuschelnden Silhouetten zweier Pärchen lenkt mich der Zweifel, ob ich so viel Kitsch überhaupt ertragen kann, vollständig vom Konzert ab.

Die Dame neben uns, die ihr Gesicht zu "Fallin'" hemmungslos weinend an die Brust ihres Begleiters presst, trägt zur Entschlüsselung meiner Konfusion nicht entscheidend bei. Im Gegenteil, dass Alicia das Stück mit einer eingewebten Strophe von James Browns "This Is A Mans World" aufpeppt, drängt mich zu weiteren Fragen: Hat diese Frau so viel übertriebenes Bühnen- und Licht-Trara überhaupt nötig? Funktionieren ihre Konzerte in gemütlichem, ruhigem Ambiente nicht viel besser?

Wer sich dazu selbst eine Meinung bilden möchte, hat am 13. März die Möglichkeit dazu. Dann spielt Ms. Keys bei ihrem zweiten Deutschlandkonzert in Hamburg. Wir jedenfalls brechen, als sich das Konzert nach gut 90 Minuten mit "No One" langsam dem Ende neigt, leicht enttäuscht Richtung U-Bahn auf.

Artistinfo

LAUT.DE-PORTRÄT Alicia Keys

Die Karriere der am 25. Januar 1981 in New York geborenen Alicia Keys steht in Verbindung mit der jüngsten Geschichte von Clive Davis. Dieser Mann, in …