laut.de-Kritik
Eine zauberpunke Ballnacht mit dreieinhalb Stunden Länge.
Review von Jasmin LützFestlichkeiten, wie Hochzeiten oder Geburtstage können manchmal schon ziemlich spießig sein. Bei Jubiläumsfeiern hört der Spaß dann richtig auf. Nicht aber an diesem Samstagabend in Köln. Unter dem Motto: "Zauberhafte Ballnächte mit den Goldenen Zitronen und ihren GenossInnen" präsentiert die "Band ohne Privatleben" einen langen, unterhaltsamen Abend.
Die Goldenen Zitronen feiern ihr 18-jähriges Bühnenjubiläum und dafür wollen sie natürlich sich selbst, aber auch ihrem treuen Publikum ein musikalisches, buntes und glamouröses Denkmal setzen. Das Programm kann sich hören und vor allem auch sehen lassen. Ob in Napoleon-Uniform oder im schicken Schwarzen, Sänger Schorsch Kamerun, übertrifft sie alle. Der Mann, der auf so manch anderen Hochzeiten gleichzeitig tanzt, überrascht sein Publikum durch einen atemberaubenden Auftritt. Im Silberkleid und mit Krönchen im Haar schreitet er mit einem breiten Grinsen auf die Bühne. Bei den Zuschauern löst dieses Outfit einerseits hysterische Schreie aus, andererseits empörende Rufe. Besonders aus der ersten Reihe. Hier pogen später die sichtlich älter gewordenen Punks mit Bierdosen in der Hand und warten darauf, dass ihre Hits gespielt werden, um "Für immer Punk" zu sein.
Ganz klar rocken die Zitronen das Gebäude 9 mit Songs, wie "80 Millionen Hooligans", "Regierung stürzen" oder "Freunde von St. Pauli". Die Hamburger Freundschaft und Lokalpudelei kommt dabei natürlich nicht zu kurz. Thomas Wenzel von den Sternen bearbeitet im Chef-Architekt-Outfit seine Teisco-Orgel. Weitere Genossen und Genossinen, die an diesem Abend die Gala zu einem freundschaftlichen, nordischen Ereignis machen sind u.a. Bernadette La Hengst, Ale Sexfeind und Tobias Levin. Gemeinsam im Duett singen Frau La Hengst und Herr Kamerun, bevor sie alleine mit Countrygitarre durch die einsame Wüste reitet. Klassiker wie "Die chinesische Schubkarre" oder neue großartige Songs ("Flimmern") werden in den kurzen Verschnaufpausen als Video auf einer Leinwand gezeigt.
Erstaunliche 3 1/2 Stunden dauert das Ereignis. Kleinere technische Pannen und Chaos- regierende Akrobatik sind wohl ein Grund für die Überlänge. Mit etwas albernen Magic-Tricks von Zauberer Manuel Muerte wird das Spektakel unterstützt. Der Support, dem man schon beim ersten Song einen ordentlichen Alkoholpegel ansieht, nennt sich "Tower Of Mods" und gibt vorwiegend eine gute Packung Punk-Coverversionen von sich. Mit ihrem zweiten Auftritt an diesem Abend dürfen sie dann wohl auch die hintersten Reihen begeistern. Special Guest-Star Peter Hein steckt diesmal nicht knietief im Dispo, sondern steht als Genosse den Goldenen Zitronen bei ihrer Gala singend bei. Gemeinsam mit dem Support kramt er in der alten Punk-Kiste. Jetzt kann man gespannt sein, was sich die Goldenen Zitronen für ihre Silberhochzeit ausdenken. Mit derartigem Tempo, guter Laune und vor allem immer besser werdendem Songwriting dürften sie auch noch die Goldene Hochzeit in ausverkauften Gebäuden und mit lustigen GenossInnen feiern. Yes, future!