laut.de-Kritik
Dieser Humppa geht ab wie Oma auf der Kartbahn ...
Review von Michael EdeleWer es nicht mit eigenen Augen gesehen, mit eigenen Ohren gehört hat, der wird es nicht glauben. Vier angesoffene Finnen in Klamotten, wie sie nicht mal mehr die Heilsarmee verteilt, sitzen hinter vier Küchentischen an ihren Instrumenten, labern ständig nur irgendwelchen Unsinn (auf Finnisch, versteht sich) und knattern einen Song nach dem anderen ins verdutzte Publikum.
Als ob das noch nicht streng genug wäre, spielt das Quartett (eigentlich sind's ja fünf, aber Keyboarder/Sänger Onni Varis ist heute nicht dabei) finnischen Humppa. Was man sich darunter vorzustellen hat, ist gar nicht so einfach zu erklären. Humppa ist irgendwie mit Polka verwandt, also eigentlich traditionelle Volksmusik. Nur geht die bei Eläkeläiset ab wie Oma auf der Kartbahn, und es müssen jede Menge mehr oder minder bekannte Nummer von (ehemals) aktuellen Künstlern dran glauben. So verwursten die Skandinavier u.a. Bon Jovi, Blur, die Stones, Kim Wilde oder Simon & Garfunkel. Songs wie Weezers "Buddy Holly", "Monkey Wrench" der Foo Fighters oder das unsägliche "There's No Limit" der Dancefloor-Heuler 2 Unlimited erstrahlen in ganz neuem Glanz.
Wie reagiert man nun auf so was? Ganz einfach, der eine Teil der Publikums geht steil (die wissen, was auf sie zukommt), der andere Teil klappt den Unterkiefer auf den Boden und weiß gar nicht, wie ihm geschieht. Die vier Finnen amüsieren sich königlich, reißen wahrscheinlich einen schlechten Witz nach dem anderen und fühlen sich scheinbar wie zu Hause. Glücklicherweise behalten heute aber alle ihre Klamotten an und konzentrieren sich hauptsächlich auf's Bier trinken und Humppa spielen. Selbiges Wort taucht in allen Texten im Schnitt 13,7 Mal auf und dürfte bei den Fans inzwischen schon zur Religion erhoben worden sein. Leider kommt schon viel zu früh der Zeitpunkt, an dem man sich als Finne um Wichtigeres kümmern muss (Wodka saufen). Und so wackelt das Quartett unter gebührendem Beifall von der Bühne.