laut.de-Kritik
Manischer Serienkiller oder grinsender Joker?
Review von Daniela ReichertGerade mal eine Handvoll Leute befindet sich gegen halb zehn Uhr im Orange House. Allerdings sollte man dabei der Fairness halber erwähnen: Es ist Montag, und jeder Münchner weiß, dass vor 22 Uhr in der Regel nicht mal die Vorband auf der Bühne steht, vom Hauptact ganz zu schweigen. Während sich der Saal langsam füllt, tingeln einige auch zum verwaisten Merchandisestand.
Das ändert sich, als 100 Times Beloved aus Regensburg den Abend eröffnen. Kaum stehen die vier Jungs auf der Bühne, wandert ein bärtiger Mann zum Stand. Ob er einen Ansturm auf die Goodies des Supportacts erwartet? Falls ja, unbegründet. Die Bayern schaffen es innerhalb einer halben Stunde das Publikum mit seichtem Pop-Rock einzuschläfern. Einziges Highlight stellt ausgerechnet ein Song dar, der keinen Titel trägt und deshalb "Das Neue" heißt. Und weshalb der Keyboarder dermaßen ins Schwitzen gerät, dass er sich ausgiebig mit einem Handtuch abtrocknen muss, bleibt sein Geheimnis.
Dann stehen endlich Enon auf der Bühne, und John Schmersal und Toko Yasuda fordern das Publikum gleich mal auf, näher zu kommen, denn: "We are not scary! Los gehts mit "Starcastic" aus dem 2003er Album "Hocus Pocus", um danach gleich "Mirror On You", den Opener der aktuellen Platte nachzulegen.
Zuerst nicken zwar nur einige mit den Köpfen, doch spätestens ab "Pigeneration" tanzt und wippt dann der mittlerweile gut gefüllte Saal. John beeindruckt vor allem durch Grimassen, die ihn abwechselnd wie einen manischen Serienkiller oder einen grinsenden Joker aussehen lassen. Toko begnügt sich dagegen zwischen ihren Gesangsparts ins Mikro zu quietschen oder zu stöhnen.
Zudem zeigt sie sich ziemlich kooperativ, nachdem sie auf Wunsch eines jungen Mannes den Bassverstärker runterdreht. Der macht sich mit seiner Bitte aber nicht gerade beliebt, denn nach dem Song, fordern andere lautstark, den Verstärker wieder lauter zu drehen. Nach knapp 40 Minuten verlassen Enon dann zum ersten Mal die Bühne, kehren aber für zwei Zugaben zurück.
"After this song you won't want us to come back", verkünden sie vor der letzten Nummer. Was sich zwar nicht als ganz richtig erweist, aber nachdem das Trio "Ashish" von viereinhalb auf gut zehn Minuten ausdehnt, lassen die Leute sie doch ziehen - nur um den Merchandisestand zu stürmen. Enon haben einem den ungeliebten Montag definitiv versüßt.