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Mit:
Datum: 7. September 2004
Location: Georg-Elser-Halle
München
Alle Termine ohne Gewähr

Review

laut.de-Kritik

"Does anybody like sex in public?"

Review von Alexander Engelen

Wie so oft bei Konzertberichten könnte auch dieser mit leidigen Beschwerden über hirnrissige Security-Logik beginnen. Doch, um es gleich vorweg zu nehmen, dafür hat die gute Kelis einfach ein zu gutes Konzert abgeliefert. Der Support-Act Valezka blieb mir zwar bis auf den Überraschungsauftritt von Raptile verwehrt, aber eigentlich war man ja auch wegen einer anderen Chanteuse angereist.

Und wie die Amis halt so sind, hatte sich auch Kelis dazu entschlossen, die Fans erstmal auf die Geduldsprobe zu stellen. Gut, ein Soundcheck für die Live-Band ist akzeptiert, weil eine Live-Combo einfach unschlagbar ist (besonders bei Hip Hop-Acts!). Sich aber Beine in den Bauch zu stehen und dem mitgebrachten DJ beim Auflegen der derzeitigen Trend-Charts zuzuhören, ist, naja, anstrengend.

Den Reihen eins, zwei und drei gefiel es trotzdem: ein herzliches Willkommen an die neue, Zahnspangen tragende, Bravo-lesende Hip Hop-Hörerschaft. Schließlich bezog die Live-Band, bestehend aus Bassist, Gitarrist, Keyboarder, Schlagzeuger und Background-Sängerin, die Bühne. Wunderbar, wie der Bassist mit Led Zeppelin-Shirt und der Gitarrist mit Moscher-Lederhose die Klampfen in die Hand nahmen. Ja Kids, auch das kann Hip Hop sein! Dann endlich die Protagonistin: Zwar deutlich zierlicher als erwartet, doch nicht weniger aufreizend. Der Slogan ihres T-Shirts ließ mich gleich schmunzeln: "Put down your guns. Pull up your guitars." Wer gab nochmal den Tipp "Got yourself a gun"? Lebensgefährte Nas wird jedenfalls nicht für die Bühnenoutfits zuständig sein. Doch wir wollen nicht kleinkariert wirken, denn schön anzusehen war es allemal. Und die Ohren konnten sich beim besten Willen auch nicht beklagen.

Zu Beginn schmettert Kelis mit ihrem Orchester erstmal ihren bewährten Stil durch die Boxen: ein treibender Beat und die, von der Band wunderbar umgesetzten Synthie-Neptunes-Sounds. Das Publikum kann da schwer ruhig bleiben und neben dem ein oder anderen Gekreische vernimmt man sogar einen liebestollen Fan-Schrei: "I want to have a baby with you". Passend dazu antwortet Kelis mit einem "Does anybody like sex in public?" und gibt ihren Song "In Public" zum Besten. Betörend kreist sie mit ihren Hüften und lässt weitere eindeutige Bewegungen folgen.

Nach dem schweißtreibenden Beginn schaltet sie einen Gang zurück und macht es sich auf einem Barhocker bequem, um ihr stimmliches Talent in Form wunderbarer Balladen unter Beweis zu stellen. Die Crowd bewegt sich dazu locker hin und her, macht aber nach dem ruhigen Intermezzo deutlich, dass sie eher auf die flotteren Nummern gewartet hat. Besonders bei "Trick Me", diesem Kracher, der sich ganz nahe am Popabgrund bewegt, und bei "Milchshake", dem sexy Synthie-Banger, gibt sowohl Kelis, als auch das Publikum ihr Bestes. Trotz ihrer ständigen aufreizenden Bewegungen wirkt Kelis aber stets zurückhaltend. Jedem Po-Wackler folgt ein schüchternes Lächeln in Richtung Zuseher und jedem Gekreische ein erfreut gehauchtes "Thank you".

Um dem Bild der zurückhaltenden Schönheit aber dann doch nicht gerecht zu werden, entledigt Kelis sich schließlich ihres T-Shirts, um das Finale lediglich im Bikini-Oberteil zu bestreiten. Umso schlimmer dann, als sie sich nach knapp einer Stunde verabschiedet. Für eine Enttäuschung über das Fehlen ihres ersten großen Hits "I Hate You So Much Right Now" bleibt keine Zeit, da Kelis nach kurzen Zugabe-Rufen die Bühne für besagten Track noch einmal kurz betritt. Doch dann ist endgültig Schluss. Beim Verlassen der Halle blickt man in durchgehend zufriedene Gesichter, wobei vor allem die männlichen Zuseher ein Lächeln auf den Lippen kaum verbergen konnten.

Artistinfo

LAUT.DE-PORTRÄT Kelis

Kelis gehört zu den Paradiesvögeln der amerikanischen R'n'B und Soul-Szene. Nicht nur ihr knallbuntes Äußeres, auch musikalisch hat die am 21. August …