laut.de-Kritik
Schizophren souverän: 'Mr. Beast' verwüstet die Live Music Hall.
Review von Matthias ManthePersönlichkeitsspaltung ist eine zwiespältige Angelegenheit. Sind bei Serienhelden, Verkehrspolizisten und Sachbearbeitern Berechenbarkeit und Zuverlässigkeit gewünscht, sorgt die richtige Mischung aus Dr. Jekyll und Mr. Hyde in der Kunst oft für den Unterschied zwischen sehr gefällig und großartig. So stehen Intro- und Extraversion auf Mogwais neuestem Streich "Mr. Beast" einander präzise wie nie zuvor gegenüber. Am Ostersamstag gastierte das Schizo-Quintett aus Glasgow in der beinahe ausverkauften Live Music Hall.
Bevor aber fünf grüne Trainingsjacken die Bühne eroberten und das Stroboskoplicht anwarfen, bewiesen die Schottenrocker hinter The Magnificents, dass nicht jeder so viel Gespür für Namensgebung besitzt. Ihr enges bis eintöniges Klangkorsett aus quäkender Stimme und jaulenden Keyboards kopierte zu gleichen Teilen von den Kaiser Chiefs, The Faint und Robocop Kraus und erntete zu Recht nur verhaltene Zustimmung. Unzweifelhaft mehr moderate denn magnificent.
Clevere Zeitgenossen nutzten hiernach die Umbaupause, um am Merchandise-Stand nach dem original Mogwai-Ohropax zu fragen. Der Ruf von Dezibel-Aficionados eilt der Band mit Schallgeschwindigkeit voraus. Zum Glück für viele und zur Enttäuschung weniger blieben die Stöpsel über den Großteil der folgenden Minuten allerdings verzichtbar. Als Meister ihres Faches platziert das gereifte Young Team brachiale Momente nämlich mittlerweile relativ sparsam.
Eine halbe Stunde nach Sonnenuntergang grüßten die Celtic-Fans den "Friend Of The Night", hüllten die Halle mit "Acid Food" in melancholische Atmosphäre und rüttelten mit dem fatalistischen "We're No Here" gleich wieder wach. Überhaupt dominierte die Setlist aktuelles Material. Darüber hinaus griffen Sänger Stuart Braithwaite und Kollegen auf den Vorgänger "Happy Songs For Happy People" zurück. Mit dem Publikum wechselten sie erwartungsgemäß kaum ein Wort.
Diesen vermeintlichen Mangel glich der satte, überaus differenzierte Sound jedoch mehr als aus. Besonders der 20-Minuten-Brecher "My Father, My King" geriet zum fulminanten Finale, als die Endstufen endlich aus allen Röhren schießen durften. Nach nur 50 Minuten kamen Mogwai anschließend für zwei Zugaben noch einmal heraus. Das wehmütige "Hunted By A Freak" und die extrem kompakte Zerstörungswut von "Glasgow Mega-Snake" führten ein weiteres Mal vor Augen, was diese fünf unscheinbaren Musiker so besonders macht: die Vereinigung drastischster Gegensätze unter dem Dach hypnotischer Anmut. Mr. Beast - fürwahr.