16. September 2021

"Der Fokus liegt auf weiblichen Charakteren"

Interview geführt von

Auf Spotify, TikTok, Bandcamp, Twitch, Snapchat und Soundcloud ist sie bereits ein Star mit insgesamt über 300 Millionen Streams.

Mxmtoons einfühlsamer Twee-Pop über Gefühle und Teenage Angst spricht vor allem junge Menschen in der Adoleszenz an, die noch auf der Suche sind. Dazu passt es wunderbar, dass sie im neuen Videospiel "Life Is Strange: True Colors" eine Rolle übernimmt und auch Songs dafür schreibt, geht es doch um Emotionen und das Akzeptieren seiner eigenen Identität. Wir sprachen mit einer sympathischen und herzlichen Maia außerdem über Radiohead, was sie über Diversity und Rassismus denkt und ob sie sich auf zukünftige Konzerte freut.

Wie geht es dir heute, alles in Ordnung?

Alles bestens, viel zu tun zurzeit! Wie geht es dir?

Mir geht es auch gut, danke dir! Lass uns über deinen aktuellen Song "Creep" sprechen, ein Cover des Songs von Radiohead. Wie war es für dich, einen so bekannten und beliebten Song zu covern? Hattest du großen Druck?

Ich hatte definitiv Druck, weil es, glaube ich, nicht viele dermaßen ikonische Songs gibt wie Radioheads "Creep". Wenn ich über einen Song nachdenke, der eine eingefleischte Fangemeinde hinter sich hat, dann ist es eben dieser. Es ist ein bisschen beängstigend einen der bekanntesten Songs von Radiohead zu covern und seine eigene Version und Interpretation daraus zu machen, speziell diesen, der weltweit schon so oft gecovert wurde. Ich hoffe, ich habe ihn frisch und lebendig gehalten für Leute, die den Song mögen und dass es sich neu sowie aufregend anfühlt, obwohl es etwas Vertrautes ist. Es ist wirklich krass, aber auch eine schöne Herausforderung, dass ich etwas gemacht habe, auf das ich stolz bin und dass die Leute hoffentlich auch mögen.

Auf Social Media sprichst du manchmal über dich selbst, deine Unsicherheiten und die Beziehung zu deinem Körper – war "Creep" in dieser Hinsicht ein Song, mit dem du dich verbunden und verstanden fühltest?

Ja, auf jeden Fall. Der Song ist eine der am meisten von Ängsten und Frustrationen erfüllten Hymnen auf der Welt. Sie spricht darüber, ein Weirdo zu sein, abgekapselt von Menschen und Gesellschaft und das ist etwas, was jedem Menschen irgendwann im Leben widerfährt. Ich würde sagen, ich bin in einem anderen Sinne "dramatisch", ich fühle manchmal dieses Extrem und kann solche Menschen verstehen. Mit meiner Version habe ich versucht, es mir zu eigen zu machen: Radioheads Version kommt eher wütend und angsty daher, wohingegen meine Version softer und gedämpfter klingt.

Das passt auch wesentlich besser zu deinem bisherigen Output, der doch sehr gefühlsbetont und sensibel ist.

Definitiv, es war mir wichtig zu zeigen, dass Songs in anderen Umgebungen auch funktionieren können.

"Videospiele hatten großen Einfluss auf meine Jugend"

Bei meiner Vorbereitung auf unser Gespräch ist mir aufgefallen, dass du Videospiele liebst, einen Twitch-Kanal besitzt und ein Faible für "Die Sims". Du hast einen Song auf Simlish aufgenommen, der es dann sogar ins Spiel geschafft hat. "Creep", neben anderen Songs, ist auch in "Life Is Strange: True Colors" zu hören und du leihst dem weiblichen Hauptcharakter Alex deine Singstimme. Wie wichtig ist diese Rolle für dich und dein Beitrag zum Spiel?

Es ist super wichtig für mich! Es ist das erste Mal überhaupt, dass ich eine Sprecherrolle übernehme und dann gleich eine Singstimme. Eine schöne Erfahrung, das für einen Charakter zu machen, dem ich sehr nahe stehe im Sinne von Identität und Hintergrundgeschichte. Wenn ich über die Sachen nachdenke, die im Speziellen während meiner Jugend einen Einfluss gehabt haben, dann war es die Art der Darstellung und Repräsentation in Videospielen, die ich in Filmen oder Serien nicht finden konnte.

Wenn ich mir den Charakter von Alex anschaue, dann sehe ich ihr auch super ähnlich (lacht). Sie trägt quasi die gleiche Brille wie ich, das Gesicht ist auch gleichartig – es ist wirklich witzig, dass das einzig Unterschiedliche meine Frisur ist. Es ist sehr besonders und ich fühle mich ihr sehr nahe, nicht nur was das Optische anbelangt, sondern auch die Geschichte dahinter. Meine Hoffnung ist, dass die Spieler da draußen eine ähnliche Empathie dafür entwickeln und sich damit wohl fühlen.

Das klingt doch sehr heilsam und wohltuend. Dann spielt man eigentlich dein Leben nach.

Ja, in gewisser Weise schon, das stimmt (lacht).

Als du die Musik für "Life Is Strange" aufgenommen hast, gab es Unterschiede im Entstehungsprozess im Vergleich zu deiner sonstigen Herangehensweise?

Es ist insofern unterschiedlich, als dass es nicht für mich ist. Bei diesem Spiel ging es darum, der beste Geschichtenerzähler für Alex und ihre Geschichte zu sein und das habe ich so gut es ging probiert. Ich hatte diverse Vorgaben von unterschiedlichen Akteuren, die ich erfüllen musste, daher war es eine große Herausforderung und etwas, das ich nicht gewohnt war. Ich kann mich wirklich glücklich schätzen, dass meine Art des Erzählens und Schreibens recht ähnlich zur Geschichte von Alex und darauf anwendbar ist. Dementsprechend musste ich nicht allzu sehr von dem abweichen, was ich sonst mache. Trotzdem war es anders und etwas, das ich noch nie vorher versucht hatte. Synchronsprecher zu sein, dann zu schauen, ob alles passt, wenn meine Stimme über das Video des Spiels gelegt wird – es war eine komplett neue Erfahrung.

Gab es etwas im Spiel, dass dich dazu bewogen hat, dich zu ändern oder hattest du spezielle Themen im Kopf, die du musikalisch aufarbeiten wolltest?

Mir wurde etwas Kontext gegeben, als ich die Songs für Alex geschrieben habe. Vom Spiel selbst habe ich noch nicht allzu viel gesehen und spiele es dann auch zum ersten Mal. Vom Gefühl her habe ich nicht so viel anders als sonst gemacht. Da ich Alex doch sehr ähnele, dachte ich mir, ich verlasse mich auf mein Bauchgefühl und sie würde bestimmt vergleichbare Dinge machen wie ich (lacht).

Wie viel Maia steckt wirklich in Alex – wie viel von dir selbst konntest du integrieren?

In den Lyrics, die ich dafür geschrieben habe, versuchte ich natürlich einige persönliche Dinge einzubetten, obgleich es sich mit der Story von Alex angleichen musste. Ich stellte mir die Fragen: Was würde ich als Freundin von Alex Chen denken? Welche Gespräche hätten wir miteinander? Wenn sie jetzt vor mir sitzen würde, was würde ich zu ihr sagen? Ich versetzte mich in die Lage, wie ich Alex kennengelernt habe, während der Arbeiten fürs Spiel. Ein Fakt ist relativ interessant: Es fühlt sich mehr an als wäre ich eine Begegnung oder Bekanntschaft von Alex als wirklich sie selbst.

"Die Videospiel-Serie setzt den Fokus auf weibliche Charaktere"

Du bist eine multi-ethnische Frau und setzt dich u.a. für Diversity, LGBTQ+ und Gendergleichheit ein. Denkst du, dass solche Spiele ein gutes Beispiel dafür sind oder die nötige Sensibilität für solche Themen fördern?

Definitiv. "Life Is Strange" ist eines der ersten Spiele, die ich gespielt habe, die einen weiblichen Hauptcharakter besitzen. Generell setzt die Videospiel-Serie den Fokus auf weibliche Charaktere und deren Geschichten und Emotionen. Davon hatte ich in meiner Jugend nicht wirklich viel. In "True Colors" ist die Protagonistin Alex, eine person of color, die sich ihrer eigenen Identität stellt und damit versucht, klarzukommen. Manche Aspekte davon, bspw. dass sie queer ist, gehört eben zu ihrer Geschichte dazu und das muss nicht explizit erklärt oder herausgestellt werden, was ich wundervoll finde. Es fühlt sich natürlich an. Man kann sich entscheiden, ob man lieber ein Mädchen oder einen Jungen daten möchte und das ist in keinster Weise seltsam, weil es ihre Realität und Teil ihrer Identität ist. Es normalisiert solche Themen und ist kein Tabu-Thema. Ich hätte mir gewünscht, dass es schon früher solche Spiele gegeben hätte, aber ich bin froh, dass es jetzt so etwas gibt.

Was sollte deiner Meinung nach passieren, damit man Rassismus und Diskriminierung verringert oder generell die Welt ein bisschen mitfühlender gestaltet?

Es ist wichtig, ein Verständnis für Menschen und ihre individuellen Geschichten zu haben. Wenn wir von einer Basis aus Empathie und Einsicht kommen, wenn wir offen dafür sind, was andere durchmachen mussten und uns ihre Erfahrungen anhören, dann hilft uns das und wir bekommen einen besseren Blick für die Welt. Wenn wir einfach mal aus unserer Blase herausgehen und uns mit anderen unterhalten und ihren Geschichten lauschen, dann würde es sicherlich die Welt zu einem etwas besseren Ort machen, wenn wir füreinander da sind und vor allem zuhören. Wir müssen anfangen, Brücken zu bauen und aufeinander zuzugehen, anstatt niemals mit Menschen zu interagieren, die anders sind als man selbst und diese schlecht zu reden.

Was sind die Gründe, warum wir in 21. Jahrhundert immer noch diese Probleme und Kleingeistigkeit haben?

Rassismus ist Tief in der Gesellschaft verankert und von daher ist es sehr schwierig, dagegen etwas zu machen, gegen diese jahrelange Diskriminierung. Am Ende, so schätze ich, wird es der Widerwille der Menschen sein, etwas voneinander zu lernen und den eigenen Horizont zu erweitern. Wir bleiben in unseren Kreisen, weil wir denken, dass es ein sicherer und gemütlicher Ort ist. Manchmal ist es aber hilfreich, wenn wir diese Grenzen durchbrechen und dadurch andere Typen von Menschen verstehen. Wenn wir aus der Komfortzone gehen und uns erlauben, uns dahingehend zu pushen, auch mal unangenehme Konversationen zu führen, die uns als Mensch wachsen lassen. Dann könnte es mit der Zeit besser werden und wir könnten die rassistische Ideologie verringern.

Zum Schluss noch eine positivere Angelegenheit: Bist du aufgeregt, demnächst auf Tour zu gehen und vor richtigem Publikum aufzutreten?

Ich bin wirklich aufgeregt und super nervös! Ich hatte eigentlich nur drei Monate in 2019 und war ein bisschen auf Tour in UK und den USA. Das sind bislang die einzigen Orte, an denen ich Shows gespielt habe (lacht). Ich hoffe inständig, dass ich in Zukunft mehr Live-Shows vor mehreren Leuten spiele, damit ich mich an das Gefühl herantaste, wie es ist, vor großem Publikum zu spielen. Ich stecke immer noch im Lernprozess.

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2 Kommentare mit 4 Antworten

  • Vor 3 Jahren

    Also "solche Spiele" gab es früher schon recht oft, ist ja nun schon der dritte, vierte Teil und selbst auch nur Kopie von den Telltale Adventures, die mit Walking Dead so populär geworden sind. Gleichgeschlechtliche Beziehungen waren in Videospielen (96 meinen Gameboy bekommen und seitdem fleißig am Tasten drücken) auch nie ein großes Tabu. (Ob ich nun in MGS mit Otacon in den Sonnenuntergang gefahren bin oder später in Mass Effect eine intergalaktische Lesbenbeziehung geführt habe.)

    Kannste noch so süß sein, Creep spielen/covern ist halt illegal.

    BTW. Tom Yhorke wirkt aktuell auch an einem Spiel mit.

    • Vor 3 Jahren

      was hat das mit ilegal zu tun? Vielleicht hat sie die Lizenz bekommen, dies machen zu dürfen! Schon mal darüber nachgedacht. Denke mal nicht, das man einfach ohne zu fragen, ein Lied Covert, es in einem Spiel raus bringt. Soweit haben die Entwickler bestimmt mit gedacht, die nötigen Lizenzen eingeholt.

    • Vor 3 Jahren

      Er hat illegal im übertragenden Sinne gemeint. Und er hat recht.

      LiS True Colours war derweil eher enttäuschend. Deck Nine macht vieles richtig, kriegt aber ums Verrecken keine spannende Geschichte hin.

    • Vor 3 Jahren

      Naja, die Gaming-Scene ist schon noch sehr männlich dominiert und auch gerade wenig Incels unterwegs. In vielen Kommentaren zu LiS wurde auch wieder von l"iberaler Gehirnwäsche" blagefaselt. Anita Sarkeesian hingegen fand ich aber auch immer einseitig und drüber, auch wenn sie eine wichtige Diskussion anstieß.

      LiS 3 fängt leider wieder nicht die Magie vom ersten Teil ein. Es spielt sich schon angenehm als Snack, aber sie wiederholen sich nur noch und der Soundtrack ist schon sehr dröge.

  • Vor 3 Jahren

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