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"Kafka am Strand" vs. "Silent Flight"

Das Buch: Haruki Murakami - "Kafka Am Strand"
Das Album: Tomori Sano - "Silent Flight"

Warum passt es?

Ich habe doch gesagt, Murakami ist mein Lieblingsautor, also gibt es natürlich noch etwas aus seinem Spätwerk auf die Ohren. Genau wie "Wenn der Wind Singt" lässt sich auch "Kafka am Strand" perfekt mit Taeko Ohnuki hören, aber "Silent Flight" von Tomori Sano ist noch einmal ein auf eine andere Weise besonderes Album im Bezug auf dieses Buch. Entschuldigt bitte, dass ich inzwischen nicht einmal mehr den Vorwand von Analyse betreibe, aber ich denke, ihr könnt meine Beziehung zu diesem Text-Album-Paar am besten verstehen, wenn ich einfach meine konkreten Assoziationen beschreibe.

"Silent Flight" klingt für mich ganz konkret wie die Tage aus der Kindheit, bei denen man von den Eltern noch vor Tagesanbruch geweckt wurde, weil sie verreisen und die Autobahnen austricksen wollten. Das Album ist launig, nachtkühl und auf eine euphorische Art und Weise ausgeglichen. "Kafka am Strand" zeichnet eine der schönsten Fantasien von Kindheit: Ein nerdiger Junge, der sich vor Schulkameraden und Familie flüchtend in Büchereien versteckt, läuft von zu Hause weg und wird an einem malerischen Ort in einer Bücherei aufgenommen. Er macht den ganzen Tag nichts als am Strand zu sitzen, zu lesen oder Musik zu hören. Es ist ein Buch, das von mir aus keine Handlung haben müsste. Ich würde am liebsten für immer Small Talk mit dem Text betreiben, Murakami für hundert Seiten nur den Alltag beschreiben lesen. Natürlich gibt es noch einen ambitionierten Plot und eine mehrgleisige, surreale Heldenreise mehrerer Protagonisten. Aber die Stimmung und die Utopie, die die ersten hundert Seiten zeichnen, und die Art, wie sie mit "Silent Flight" von Tomori Sano interagieren, werde ich wahrscheinlich nie vergessen.

Leseprobe:

Ich will mir die Zeit bis zum Abend in einer Bibliothek vertreiben. Daher habe ich mich schon vorsorglich nach den Bibliotheken in Takamatsu erkundigt. Seit meiner Kindheit halte ich mich regelmäßig in Bibliotheken auf, denn die Orte, an denen ein Kind sich aufhalten kann, wenn es nicht zu Hause sein will, sind begrenzt. Da Cafés und Kinos ausscheiden, bleibt nur die öffentliche Bücherei. Sie kostet keinen Eintritt, und keiner stört sich daran, wenn ein Kind sie allein besucht. Man setzt sich einfach auf einen Stuhl und liest, was einem gefällt. Auf dem Heimweg von der Schule pflegte ich immer in der Stadtbibliothek Halt zu machen. Auch in den Ferien habe ich dort viel Zeit verbracht und nach und nach alles durchgeschmökert, was mir an Erzählungen, Romanen, Biografien und Geschichtsbüchern in die Hände fiel. Nachdem ich die meisten Bücher für Kinder gelesen hatte, wechselte ich zu den allgemeinen Regalen über und las nun Bücher für Erwachsene. Selbst die, die ich nicht verstand, las ich bis zur letzten Seite durch. Wenn ich keine Lust mehr hatte, setzte ich mich in eine der Kabinen mit Kopfhörern und hörte Musik. Da ich so gut wie keine Ahnung von Musik hatte, hörte ich mir einfach von rechts der Reihe nach jede Platte an. So machte ich zufällig die Bekanntschaft von Duke Ellington, Led Zeppelin und den Beatles.

Die Bücherei war mein zweites Zuhause, wahrscheinlich sogar mein wahres Zuhause. Durch meine täglichen Besuche kannte ich vom Sehen sämtliche Bibliothekarinnen. Mit der Zeit merkten sie sich meinen Namen, begrüßten mich und sagten oft ein paar freundliche Worte zu mir. (Da ich so grauenhaft schüchtern war, brachte ich freilich nur selten eine Antwort zustande.)

An Stadtrand von Takamatsu liegt eine Privatbibliothek, die früher zum Haus einer alten, wohlhabenden Familie gehört hat. Sie besitzt eine Sammlung seltener Bücher, und die Villa und der Garten galten als sehenswert. Ich habe einmal ein Bild dieser Bibliothek in der Zeitschrift "Die Sonne" gesehen. Es ist ein altes Haus im japanischen Stil mit einem eleganten, salonähnlichen Lesesaal, in dem man auf bequemen Sesseln sitzen und lesen kann. Das Bild zog mich ungewöhnlich stark an, und so habe ich mir fest vorgenommen, die Villa bei Gelegenheit zu besuchen. Sie heißt Komura-Gedächtnisbibliothek."

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1 Kommentar mit 3 Antworten

  • Vor einem Jahr

    Ich mag Murakami ja auch, aber Kafka am Strand ist ganz übel prätentiös-spekuativer Schrott. :lol: Dann lieber Norwegian Wood oder South of the Border. Ohne Musik, versteht sich.

    • Vor einem Jahr

      Ne gar nicht, "Kafka am Strand" ist eines seiner drei besten Werke und das will was heißen!
      Und sei mir ned bös aber das Wort "prätentiös" gerade von dir als jemand, der schon als kleinster Hosenmatz über die Buggy-Lautsprecher nur Jazzfusion/Avantgarde-Zeugs gepumpt hat und seitdem auch nichts anderes gelten lässt, ist, sagen wir mal witzig :)

    • Vor einem Jahr

      Discount magical realism mit platten Figuren, wirrem Plot, und viiiel zu lang. Ynks Leseprobe verdeutlicht es perfekt. :lol:
      Den Murakami schätze ich, wen er sich zu zügeln weiß. Wie gesagt, South of the Border West of the Sun, da zeigt er sich m.E. erwachsen und bodenständig. Astreines Buch,schaue ich immer wieder mal gerne rein.

      Und wenn ich etwas prätentiös finde, sage ich das, auch einer mit gutem Musik- bzw. Literaturgeschmack darf sich sowas erlauben. ;-)

    • Vor einem Jahr

      Dass es etwas zu lang ist, da würde ich sogar zustimmen aber das empfinde ich so, weil ich ein fauler Leser bin und kurze Bücher am liebsten mag, weswegen das von dir genannte "South of the Border" bei mir auch hoch im Kurs steht (also nicht nur weil es kurz sondern auch weil es sehr gut ist).
      "1Q84" habe ich mir deswegen vorlesen lassen :D
      Aber "Kafka am Strand" ist trotz gelegentlicher Längen ein bezaubernder Trip.