Mark Hollis/Talk Talk: Der Dirigent, der die Ruhe suchte
vom 27. Februar 2019
Die Hoffnung, sie war nie wirklich weg, denn: Es könnte ja passieren. Wer, wenn nicht er? Er würde es so machen wie Beyonce und Bowie. Keine Ankündigung, und über Nacht der lapidare Satz: Mark Hollis hat ein neues Studioalbum verfügbar gemacht.
Sehr schöner Text. Nur über die Bewertungen lässt sich genüsslich streiten.
"The Party's Over" und "It's My Life" hätte ich einen Punkt schlechter bewertet. Das erste Album ist unspektakulärer Synthiepop mit 2 bis 3 netten Tracks, wie es ihn in den 80ern überall gab. Das zweite hat zwar grandiose Singles abgeworfen und mit "Renée" ein schönes schwelgerisches und melancholisches Stück, aber es deutete die Klasse ihres Meisterwerkes "The Coulour Of Spring" (5/5) erst an.
Das lebt nämlich von einer tollen luftigen Instrumentierung und genialen Arrangements sowie Hollis' emotionale Ausnahmestimme. Ein perfektes Pop-Album, das so gut wie keine Schwachstelle besitzt, bis auf das zu sperrige "Chameleon Day" vielleicht, aber das verweist schon auf "Spirit Of Eden", das ich eher im Art-Rock der 80er-Jahre verorte, wobei ich Talk Talk ihren Pionierstatus gar nicht absprechen will. In einer etwas getrübteren Stimmung ist das Album für mich pures Gold.
Aber es gab schon davor Alben, die von einer reduzierten Klangästhetik und von sparsamer Instrumentierung lebten, etwa "Sleeps With The Fishes" von Pieter Nooten und Michael Brook (unbedingter Tipp!) und "Secrets Of The Behive" von David Sylvian.
Jegliche Vergleiche schüttelten sie aber dann mit dem natürlicheren und erdverbundeneren "Laughing Stock" ab, das sich zunehmend offener gestaltete und noch mehr atmete. Mit "Mark Hollis" kann ich manchmal nicht viel anfangen, weil es mir zu ruhig geraten ist, aber gerade das macht den Reiz dieses Werkes aus. Im Grunde ein tolles Nachtalbum, das sich am besten in völliger Dunkelheit genießen lässt.
The Colour Of Spring war auch einst mein Favorit, denn Arrangements und Instrumentierung - ausgenommen die Drums - sind gut. Jetzt kommt für mich das große Minus und das ist wie schon angedeutet der monotone Drum-Sound, der dann doch an die 80er erinnert. Immerhin wirkt es etwas natürlicher oder organischer als auf It's My Life. Völlig zeitlos kommt dagegen der lässig improvisierte Stil von Spirit Of Eden und Laughing Stock daher, zumindest wenn man wie ich gerne Jazz hört.
"Zu hoch ist die Wahrscheinlichkeit, dass Hollis nach schlechten Erfahrungen mit Reißbrett-Label-Compilations in seinem Testament kafkaeske Verschluss- oder gar Zerstörungsmaßnahmen angeordnet hat."
Bis dahin ist der "Nachruf" ja gelungen und ich wollte schon den Klug wegen seiner Klugheit feiern, aber ich frage mich ernsthaft wo da wieder der Schuh gedrückt hat?
Das wahrscheinlichste Szenario was beim Hollis wohl auch zutrifft für sein aufhören/sich zurück ziehen ist, überspitzt gesagt, der beliebte Mittelfinger. In Folge dessen hatte er dann einfach nichts mehr auf Lager oder zu Ernten, da er den Ackerbau still legte. Also recht profan alles. Oder hat einer zum recherchieren die Witwe interviewt? Poltern gehört ja auch zum Geschäft und so eine Legende hört sich ja nett an, nur dem Hollis wäre das sicher nicht recht. Fragen kann man ihn ja leider nicht mehr.
Die Geschichte mit Wenders ist allerdings schade und neu, nach meiner Meinung der beste deutsche Filmregisseur und seit Paris/Texas auch bezogen auf Musik/Soundtrack, recht gut unterwegs. Wenn Hollis was liefern hätte können, wäre das bestimmt toll geworden.
Was anderes, die 88er Veröffentlichung von Spirit of Eden, hört sich "geerdeter" an, als die 97er Remaster die im Stream zu finden ist. Höre ich das richtig?
Ohne Scheiß, die 88er Fassung ist erschreckend besser als der 97er Stream. Unfassbar der dynamische Druck (mein Kopfhörer hüpft) der am Ohr anliegt. Selbst die Arschhaare feiern das und stellen sich Kerzengerade auf, kann nicht gescheit sitzen.
Wer hat das Remaster verbrochen? Standesrechtlich und so.....
Jüngst ist es aber besonders still geworden. Außer dem Souli-Faden ist eigentlich nichts passiert und die letzten Tage hab' ich vergebens auf Refresh gedrückt, ohne irgendetwas Interessantes von Userseite zu finden.
Die Hoffnung, sie war nie wirklich weg, denn: Es könnte ja passieren. Wer, wenn nicht er? Er würde es so machen wie Beyonce und Bowie. Keine Ankündigung, und über Nacht der lapidare Satz: Mark Hollis hat ein neues Studioalbum verfügbar gemacht.
Das wäre vorstellbar gewesen, wenn auch nicht, …
Super Artikel, danke!
Gleich mal Laughing Stock anhören. Besser spät als nie.
Also doch noch ein würdiger Artikel. Und der Vergleich mit den Beatles ist alles andere als verwegen.
Dieser Kommentar wurde vor 5 Jahren durch den Autor entfernt.
Sehr schöner Text. Nur über die Bewertungen lässt sich genüsslich streiten.
"The Party's Over" und "It's My Life" hätte ich einen Punkt schlechter bewertet. Das erste Album ist unspektakulärer Synthiepop mit 2 bis 3 netten Tracks, wie es ihn in den 80ern überall gab. Das zweite hat zwar grandiose Singles abgeworfen und mit "Renée" ein schönes schwelgerisches und melancholisches Stück, aber es deutete die Klasse ihres Meisterwerkes "The Coulour Of Spring" (5/5) erst an.
Das lebt nämlich von einer tollen luftigen Instrumentierung und genialen Arrangements sowie Hollis' emotionale Ausnahmestimme. Ein perfektes Pop-Album, das so gut wie keine Schwachstelle besitzt, bis auf das zu sperrige "Chameleon Day" vielleicht, aber das verweist schon auf "Spirit Of Eden", das ich eher im Art-Rock der 80er-Jahre verorte, wobei ich Talk Talk ihren Pionierstatus gar nicht absprechen will. In einer etwas getrübteren Stimmung ist das Album für mich pures Gold.
Aber es gab schon davor Alben, die von einer reduzierten Klangästhetik und von sparsamer Instrumentierung lebten, etwa "Sleeps With The Fishes" von Pieter Nooten und Michael Brook (unbedingter Tipp!) und "Secrets Of The Behive" von David Sylvian.
Jegliche Vergleiche schüttelten sie aber dann mit dem natürlicheren und erdverbundeneren "Laughing Stock" ab, das sich zunehmend offener gestaltete und noch mehr atmete. Mit "Mark Hollis" kann ich manchmal nicht viel anfangen, weil es mir zu ruhig geraten ist, aber gerade das macht den Reiz dieses Werkes aus. Im Grunde ein tolles Nachtalbum, das sich am besten in völliger Dunkelheit genießen lässt.
Ach ja, meine derzeitige Bewertung:
"The Party's Over" (2/5)
"It's My Life" (3,5/5)
"The Colour Of Spring" (5/5)
"Spirit Of Eden" (4/5)
"Laughing Stock" (4,5/5)
"Mark Hollis" (3,5/5)
Kann sein, dass das in ein paar Jahren ganz anders aussieht. Jedes Album lebt schließlich von einer ganz eigenen Stimmung.
The Colour Of Spring war auch einst mein Favorit, denn Arrangements und Instrumentierung - ausgenommen die Drums - sind gut. Jetzt kommt für mich das große Minus und das ist wie schon angedeutet der monotone Drum-Sound, der dann doch an die 80er erinnert. Immerhin wirkt es etwas natürlicher oder organischer als auf It's My Life.
Völlig zeitlos kommt dagegen der lässig improvisierte Stil von Spirit Of Eden und Laughing Stock daher, zumindest wenn man wie ich gerne Jazz hört.
"Zu hoch ist die Wahrscheinlichkeit, dass Hollis nach schlechten Erfahrungen mit Reißbrett-Label-Compilations in seinem Testament kafkaeske Verschluss- oder gar Zerstörungsmaßnahmen angeordnet hat."
Bis dahin ist der "Nachruf" ja gelungen und ich wollte schon den Klug wegen seiner Klugheit feiern, aber ich frage mich ernsthaft wo da wieder der Schuh gedrückt hat?
Das wahrscheinlichste Szenario was beim Hollis wohl auch zutrifft für sein aufhören/sich zurück ziehen ist, überspitzt gesagt, der beliebte Mittelfinger. In Folge dessen hatte er dann einfach nichts mehr auf Lager oder zu Ernten, da er den Ackerbau still legte. Also recht profan alles. Oder hat einer zum recherchieren die Witwe interviewt? Poltern gehört ja auch zum Geschäft und so eine Legende hört sich ja nett an, nur dem Hollis wäre das sicher nicht recht. Fragen kann man ihn ja leider nicht mehr.
Die Geschichte mit Wenders ist allerdings schade und neu, nach meiner Meinung der beste deutsche Filmregisseur und seit Paris/Texas auch bezogen auf Musik/Soundtrack, recht gut unterwegs. Wenn Hollis was liefern hätte können, wäre das bestimmt toll geworden.
Was anderes, die 88er Veröffentlichung von Spirit of Eden, hört sich "geerdeter" an, als die 97er Remaster die im Stream zu finden ist. Höre ich das richtig?
Ohne Scheiß, die 88er Fassung ist erschreckend besser als der 97er Stream. Unfassbar der dynamische Druck (mein Kopfhörer hüpft) der am Ohr anliegt. Selbst die Arschhaare feiern das und stellen sich Kerzengerade auf, kann nicht gescheit sitzen.
Wer hat das Remaster verbrochen? Standesrechtlich und so.....
Schwurbel schwurbel
Stirbt laut.de eigentlich gerade oder sind derzeit alle in Gauger-Paralyse?
Naja, egal, hier drölfzig Links zu mäßig talentierten Frauen, die rappen:
Naja, laut ist doch sowieso nurnoch am Dahinsiechen, seit r1er und seine Schergen hier Jeden mundtot machen, der Ihnen nicht in den Kram passt.
Jüngst ist es aber besonders still geworden. Außer dem Souli-Faden ist eigentlich nichts passiert und die letzten Tage hab' ich vergebens auf Refresh gedrückt, ohne irgendetwas Interessantes von Userseite zu finden.
schöner Beitrag und ein Beweis, wie man mit vielen Worten es nicht schafft die Würde annähernd auszudrücken, die Mark Hollis verkörpert hat.