laut.de-Kritik
Keine Furcht vor der Jazz-Polizei.
Review von Artur SchulzAngst vor der gefürchteten Jazz-Polizei hat San Glaser nicht: "Ich glaube schon, dass wir ausgesprochene Jazz-Puristen sicher nicht unbedingt ansprechen," meint sie nach ihrem Auftritt in Hamburgs Kampnagel, "aber ich brauche einfach auch weiche Harmonien und warme Melodien in meinen Liedern. Warum soll das nicht zusammenpassen?" Eben.
Dass Jazz, Pop und Soul eine harmonische Einheit bilden können, beweisen San Glaser und Band mit ihren Auftritten in der neu gegründeten Konzertreihe "Mad About Jazz". Freitagabend, Saal 2 im rappelvollen Kampnagel. Künstlerin und Mitmusiker betreten die spartanische, nur mit ihren Instrumenten bestückte Bühne und eröffnen den Abend mit "Spring", dem Schlusstitel des aktuellen Albums "New Road".
Die sanfte, musikalisch melancholisch angelegte Ballade stellt inhaltlich - wie auch der Titeltrack "New Road" selbst - eine textliche Auseinandersetzung mit der eigenen, jüngsten Vergangenheit und dem Kommenden dar. Denn allerlei hat sich geändert im Leben der San Glaser, dazu gehört u. a. eine gescheiterte Ehe. Doch sie geht nicht negativ mit Belastungen um - der Blick geht in den Lyrics stets nach vorn.
Die Songs aus ihrem Repertoire sind eigens für diese Konzertreihe umarrangiert. "All These Things" präsentieren Sängerin und Band in einem luftigen, leichtfüßigen Samba-Gewand. Stets bleibt Raum für vielbeklatschte Soli. David Neumann glänzt an E- und Akustikgitarre und zelebriert u. a. einen blitzsauberen Chris Rea-Slide-Stil. Die Kontrabass-Einlagen von Arnd Geise begeistern die Zuhörer besonders, ebenso Tim Rodigs
Sopransaxophon, das eine Menge Höhepunkte setzt. Schlagzeuger Oliver Spanuths variantenreiches, unaufdringliches, aber auch druckvolles Spiel bildet den stimmigen Background für die vorgestellten Titel.
Zusatz-Punkte beim Publikum sammelt die Künstlerin durch ihre charmanten, humorvollen Ansagen mitsamt charismatischer Bühnen-Präsenz. Einen musikalisch perfekt ausgeführten Live-Höhepunkt stellt das Cover von Culture Clubs "Do You Really Want To Hurt Me" dar. Zu Beginn noch sehr dem effektiven Jazz-Arrangement des Albums verhaftet, versehen die Musiker im weiteren Verlauf die Nummer mit lässigen Beats. "Let It Go" vermengt kräftigen Blues mit Jazz. Motown-Reminiszenzen erlaubt "Girls Like Me".
"All Of My Life" erweist sich als immergrüner und ganz besonderer Kompositions-Höhepunkt im bisherigen Output der Sängerin. Erstaunlich, wie viel frische Spannung aus einem vermeintlich altbekannten Titel mit dem richtigen Maß an Neuerungen herauszuholen ist. San Glaser überzeugt durch vielschichtige Klangfarben zwischen samtig-warmen Streicheleinheiten und mit authentischem Blues gepaartem Soul.
Das Publikum dankt den Künstlern zum Schluss mit Standing Ovations - ein mehr als gelungener Abend für und von San Glaser & Band. Sichtlich zufrieden zeigen sich Künstlerin und Mitstreiter auch nach dem Konzert. "Das hat Spass gemacht heute Abend," strahlt die Sängerin. Und so ist die "New Road" von San Glaser ganz gewiss keine Einbahnstraße.
Weitere Termine von San Glaser: 22. Juni 2009 in Kiel (Kieler Woche, NDR-Bühne), 26. Juni 2009 in Hamburg (St. Katharinenkirche), 08. Juli 2009 in Wien (Rathausplatz), 26. Juli in Hamburg (Duckstein-Festival) und 21. Oktober 2009 in München (Muffathalle/Ampère).
