laut.de-Kritik
Mit Jägermeister rocken: Shitdisco, Crystal Castles und Metronomy live in Erfurt.
Review von Martina KellnerErfurt, Reykjavík, New York – das Elektro-Duo Crystal Castles ist derzeit viel unterwegs, da verwundert es nur, dass die Kanadier in Thüringen gastieren, verschlägt es doch hierhin nur sehr selten Musiker ihres Kalibers. Die Erfurter Konzertlandschaft ist dünn besiedelt, nur gut, dass ein gewisser Kräuterlikör-Fabrikant hier Abhilfe schafft, wenn auch nur für einen Abend.
Die Jägermeister Rockliga präsentierte am 17.10. gleich drei sehenswerte Acts. Neben Alice Glass und Ethan Kath, spielten die Bands Metronomy und Shitdisco auf und sorgten somit für eine deutlich abwechslungsreiche Veranstaltung im Erfurter Centrum-Club. Crystal Castles fackelten nicht lang: statt seichter Einstimmung, wurden mit Debütsongs, aber auch diversen Neukreationen die Regler gleich ordentlich aufgedreht, und auch Miss Glass zeigte vollen Körpereinsatz – vor allem, als ein rabiater Security-Mann die feiernden Fans der ersten Reihe alles andere als höflich dazu aufforderte, doch besser hinter der Absperrung zu bleiben und diese grob zurückstieß.
Als die zierliche Frontfrau dies sah, zögerte sie nicht, dem in Sachen Masse deutlich überlegenen "Bühnen-Sheriff" in den Allerwertesten zu treten. Die Fäuste flogen – allerdings nur auf Seiten der Kanadierin, der sichtlich erboste Aufpasser musste durch Zureden eines Kollegen besänftigt werden. Und so konnte die Sängerin schließlich ungestört mit ihrer bekannt enthemmt-hysterischen Performance fortsetzen, sich pausenlos auf dem Boden oder in der Masse räkeln und im Stroboskop-Gewitter "umherkreischen".
Beim englischen Elektro-Alternative-Trio Metronomy ging es im Anschluss daran geradezu meditativ zu. Erst vor kurzem erschien in Deutschland deren neue LP "Nights Out", aus dem die drei einige Songs während ihres circa 30-minütigen Auftritts präsentierten. In Deutschland noch relativ unbekannt, versuchten die Briten die Menge bestmöglich zu unterhalten, was jedoch nur begrenzt gelang, war nach dem einheizenden Eröffnungsset Durchschnaufen doch erst einmal arg nötig.
Unter dem Motto "LET'S GET WEIRD" starteten gegen 22.30 Uhr dann auch Shitdisco gebührend durch. Neben bekannten "Kingdom Of Fear"-Nummern, wie "3D Sex Show", "Fear Of The Future" oder "Kung Fu" spielten die Schotten – bereits seit Anfang 2008 ohne Keyboarder Jan Lee unterwegs, der sich nun stärker seinem Beruf als Illustrator widmet – auch einige neue Dance-Punk-Knaller und performten darüber hinaus "OK" im Dead Or Alive-Mix. Körpereinsatz war auch hier groß geschrieben, und zum Schluss brannte sogar kurzzeitig Darren Cullens Schlagzeug!
Nach alles in allem gut zwei Stunden Live-Musik, zogen dann auch Shitdisco von dannen und beendeten eine unterhaltsame und äußerst vielfältige Veranstaltung, die man wohl noch eine Weile im Gedächtnis behält. Abschließend galt es noch den Gewinner des Abends und gleichsam Gruppensieger B der Jägermeister Rockliga zu ermitteln. Das Erfurter Publikum wählte Shitdisco zum Favoriten, insgesamt setzten sich aber Crystal Castles mit reichlich Abstand durch und treten nun im Mai nächsten Jahres gegen Rundenmeister A, Die Mannequin, in Berlin an.