laut.de-Kritik
Nach sieben Jahren Pause sind Sieges Even immer noch nicht von dieser Welt.
Review von Michael EdeleSieges Even, eine der ältesten und auch besten deutschen Progressive Metal-Bands, spielen ihren vorerst einzigen deutschen Gig seit sieben Jahren im Frankfurter Nachtleben, und ich darf dabei sein. Was ein Hammer.
Mit dreiviertel der Urbesetzung (neben den beiden Holzwarth Brüdern Olli und Alex ist auch Gitarrist Markus Steffan wieder dabei) haben die Münchner in dem aus Rotterdam stammenden Arno Menses nicht nur ein verdammt sympathischen, sondern auch einen ausdrucksstarken und charismatischen Sänger gefunden. Dass der Typ auch jeden Job als Türsteher annehmen könnte, wollen wir mal ganz außen vor lassen.
Sinn und Zweck dieses Konzertes in Frankfurt, war den anwesenden Labelfuzzis das neue Werk von Sieges Even schmackhaft zu machen, das auf den Namen "The Art Of Navigating By The Stars" hören wird. Dementsprechend steigt das Quartett auch gleich mit den ersten drei Teilen dieser Scheibe ein. Das Konzeptalbum, das zwar in einzelne Teile gesplittet ist, aber letztendlich nur aus einem Song besteht, dürfte der absolute Hammer werden. Selbst wenn die restlichen Teile nur halb so gut werden, wovon ich nun wirklich nicht ausgehe, steht uns ein Meisterwerk bevor.
Da natürlich nicht nur Presse und Labelvertreter, sondern auch normale Fans vor Ort sind (zwei sind extra aus Russland angereist) entzücken Sieges Even die Anwesenden mit einer kleine Auswahl aus älteren Stücken. "Prime", "Life Cycle" oder das erst in der Zugabe gespielte "The Waking Hours" lassen wieder Erinnerungen aufkommen, warum ich früher dachte, dass ich das Bassspielen eh nicht lerne. Was die Holzwarth Brothers und Markus Steffen an komplexen Riffs, Breaks und Melodien vom Stapel lassen, ist nicht von dieser Welt. Bewegung im Publikum bleibt größtenteils aus, weil jeder befürchtet, er könnte irgendwas von den technischen Leistungen des musizierenden Trios verpassen, und mitwippen ist eh nicht, da Alex einen vertrackten Beat nach dem anderen zockt.
Arno gelingt es mit einer spielerischen Leichtigkeit, seine Einsätze und auch sämtliche Töne perfekt zu treffen, und er zeigt sich als sympathischer Frontmann (O-Ton zum überragenden "Tangerine Windows Of Solace": Macht's euch besser bequem, der Song dauert 26 Minuten). In den gesangsfreien Passagen hält er sich gern im Hintergrund der kleinen Bühne und lässt freie Sicht auf die Fingerfertigkeit von Basser Olli und Klampfer Markus. Keiner von beiden greift jedoch auf ausgiebige Solospielereien zurück, vielmehr reihen die beiden Break an Break und lassen sämtliche Unterkiefer gen Boden klappen.
Ehe man sich versieht, ist die Show vorbei, und man mag schon anfangen zu nölen, dass gerade mal elf Stücke gespielt wurden. Doch ein Blick auf die Uhr macht schnell klar, die Rotterdam/München-Connection stand geschlagene zwei Stunden auf der Bühne und hat pure Magie verbreitet. Ich kann's wirklich kaum erwarten, dass sich endlich ein Label findet, das diese überirdischen Musik auf den Markt bringt. Dann ist endlich wieder Zeit, sich mit dem Kopfhörer, ner Flasche Rotwein und jeder Menge Zeit zurückzuziehen. Sieges Even are here to prog!