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Mit:
Datum: 16. Dezember 2000
Location: Messe Killesberg, Halle B
Stuttgart
Alle Termine ohne Gewähr

Review

laut.de-Kritik

Review von Giuliano Benassi

Es herrschte eine gespenstische Leere. Auf halbem Weg zwischen Stuttgart Hbf und Messe Killesberg blieben gerade noch zwei Fahrgäste im Bus: Der LAUT-Fotograf und der LAUT-Reporter. Die Anwesenheit vereinzelter Menschen im Eingangsbereich vertrieb unser Bangen, zum falschen Veranstaltungsort gefahren zu sein, aber im Saal herrschte dieselbe irreale Stimmung: Neben den kaum mehr als 500 Zuschauern hätten weitere 2000 bequem Platz gefunden.

Schade, denn der Abend versprach einiges: Slash zum ersten Mal nach mehreren Jahren wieder on the road in Europa, dazu mit einer jungen und gut sortierten Band. Als die Lichter ausgingen und der ehemalige Gitarrist von Guns n'Roses mit Dienstzylinder und Les Paul auf die Bühne pirschte, streckten die vorderen Reihen ihre Hände nach ihm aus, fast ungläubig, ob er es wirklich sei. Mit "Life’s Sweet Drug" und "Been There Lately" ging es gleich richtig ab, die locker runter gespielten Versionen der aktuellen Platte "Ain’t Life Grand" bestätigten den Verdacht, dass das Material erst live richtig zur Geltung kommt.

Auf der essentiell gestalteten Bühne - Marshall-Verstärker, zwei Gitarrenstände, Schlagzeug mit Bandcover auf der Basstrommel - war richtig Stimmung: Slash verließ öfters seinen Stammplatz auf der rechten Seite und hüpfte in der Gegend rum, Rhythmusgitarrist Keri Kelli machte mit lässigem und präzisem Spiel auf sich aufmerksam, Bassist Johnny Griparic versuchte, mit Grimassen und Kettenschloss um den Hals Sid Vicious in Erinnerung zu rufen, sah aber eher aus wie Alec John Such. Die wahre Entdeckung war Sänger Rod Jackson, der sich mit rasierter Brust die Seele aus dem Leib schrie und dabei noch das Gefühl vermittelte, er sei auf dem besten Konzert seines Lebens.

Was leider nicht der Fall war, denn mit Ausnahme der vordesten Reihen reagierte das Stuttgarter Metal-Publikum wie gewohnt apathisch. Erst gegen Ende des Konzertes führte das bluesige "Ain’t Life Grand" auch weiter hinten zum Mitnicken, bei "Serial Killer," dem besten neuen Lied, zuckten einige Schultern, der Gn'R-Klassiker "It's so easy" wurde gar mitgesungen. Es tat sich doch noch was. Slash zog wie gewohnt ein brilliantes Solo nach dem anderen aus den Tiefen seines Bauches und man merkte, dass er wirklich noch Spass am Geschäft hat.

Eine brachiale Version von "Mr. Brownstone" war der Beweis, dass "Appetite for Destruction" nach wie vor zu den besten Rockplatten zählt. Bei der (vom Publikum kaum verdienten) Zugabe gab es den Maestro gar oben ohne; zwar ist der Waschbrettbauch weg und sein gekrümmter Rücken ein Zeichen, dass die Zeit nicht stehen geblieben ist, aber für seine gelebten 35 Jahre sieht er immer noch extrem cool aus. Mit einem von "fuck" und Derivaten gespickten Genuschel stellte er die Band vor und spielte noch eine mäßige Ballade, bevor die Lichter angingen und man erneut feststellen musste, dass wirklich kaum jemand da war.

Der Bus zum Bahnhof war unwesentlich voller als auf der Hinfahrt. Die Wiederkehr des Slash hat leider nicht die Freunde gefunden, die sie verdient hätte. Schade.