laut.de-Kritik
Moshen, quetschen, pogen!
Review von Kathrin FinkJa, bin ich denn hier in einem Schwulenclub gelandet? Männer an der Bar und Männer im Foyer sind ja noch in Ordnung, aber Scharen von Männern auf dem Frauen-Klo? Dennoch handelt es sich nicht um einen Junggesellen-Großanlass, sondern um das von mir heiß erwartete Prodigy-Konzert. Wenn Franz Ferdinand eine Frauenband sind, outen sich The Prodigy in der vollgestopften Zürcher Maag Music Hall eindeutig als Männer-Combo.
Leider zeichnet sich die Vorgruppe als absolute Fehlbesetzung aus. Schweizer Hip Hop und englischer Elektro-Punk passen eben nicht wirklich gut zusammen. Die Berner Rap-Crew PVP legt ihre Show einigermaßen glatt auf die Bretter, kann die intoleranten Prodigy-Anhänger jedoch kein bisschen für sich begeistern. Gleich im Anschluss noch ein kurzes Set von Star-DJ René S., das die Stimmung zwar anhebt, einen das Warten auf The Prodigy aber nicht leichter macht. Kurz nach zehn taucht die Bühne endlich in Rauch ab, das Gekreische geht los und ein unscheinbarer Typ steigt hinter einen Technik-Turm aus Keyboards, Computern und Mischpulten auf: Liam Howlett.
Die Meute steht kurz vor dem Blackout, als die Vollbesetzung inklusive Keith Flint und Maxim Reality auf die Bühne hopst. Dass The Prodigy ihre Fans volle sieben Jahre auf ein neues Album sowie eine Tour haben warten lassen, ist nicht überhörbar. Zu neuen Krachern wie "Spitfire" oder "Girls" wird gemosht, gequetscht und gepogt. Das Verhaltensmuster steigert sich jedoch in unermessliches Ausrasten, als die Auftakte von "Firestarter" aus den Boxentürmen dröhnen. Von der ersten Reihe bis zur letzten schmeißt sich jeder von links nach rechts und von oben nach unten. Sich durch die Menge zu kämpfen ist unmöglich, entweder man mosht mit oder man steht da und hofft, dass man nicht erschlagen wird. Dann ein abruptes Ende und die Prodigy-Jungs plus Gastmusiker rennen von der Bühne. Unter lautem Gejohle meldet sich Keith Flint mit der heiser gebrüllten Botschaft "We ain't going anywhere" schnell wieder zurück.
Howlett dreht die Regler noch einmal bis zum Anschlag auf und Flint wirft sich mit Reality in Saltos quer über die Bühne. Mit den gefährlichen Blicken Flints brechen sie schließlich zum großen Finale in ihr legendäres "Smack My Bitch Up" aus. Nebelmaschine an - Licht aus - Konzert beendet. Die Herren der Schöpfung erholen sich langsam und ziehen sich die vom Leibe gerissenen T-Shirts wieder an. Bierbecher sind ausgetrunken, Tüten leer geraucht und die sagenumwobenen Prodigy zwischen den Rauchschwaden verschwunden. Nach einem Power-Gig wie aus ihren besten Zeiten.