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Mit:
Datum: 18. Juni 2003
Location: Sommerbühne
Trier
Alle Termine ohne Gewähr

Review

laut.de-Kritik

Philadelphia's Finest verteidigten in Trier ihren Ruf als beste Live Hip Hop-Band.

Review von Alexander Engelen

Perfektes Wetter in Trier und somit perfekte Voraussetzungen für ein Open-Air-Konzert von Philadelphia's Finest The Roots. Der Innenhof des Jugendzentrums Exhaus in Trier erfüllt gut das Klischee eines passenden Orts für ein Hip Hop Konzert: Mauern voller Grafitti und ein herunter gekommener Basketballplatz. Doch kann man bei The Roots nicht von irgendwelchen Klischees oder Schubladen sprechen, denn gerade sie sind wohl ein Hip Hop-Act, der solche Dinge regelmäßig sprengt.

Schon das Publikum ließ nichts von Konformität erkennen: natürlich allseits beliebte Hip Hop-Prolls in den fettesten Klamotten, doch eben auch Rasta-behaarte Sandalenträger und ergraute Mitvierziger, die sich später als Jazz-Fans entpuppen sollten. Artenvielfalt vor der Bühne, passend dazu Artenvielfalt auf der Bühne.

Schon ein Blick auf den Ort des Geschehens ließ Gutes vermuten: Live-Band Equipment. Bei The Roots obligatorisch, schon klar, bei anderen Hip Hop Acts Mangelware! Endlich betreten die Fünf die Bühne und machen sich an die Arbeit, um ihren Ruf als beste Live Hip Hop-Band zu verteidigen. Gleich legen sie mächtig los und nach einigen Feinabstimmungen ist der Sound passabel. Verwirrung am Anfang, nur ein MC. Leider scheint Scratch, der Meister des Beatboxing, nicht in Trier dabei zu sein. Anstelle des etatmäßigen Gitarristen Ben steht zudem Vernon Reid (ehemals Living Colours) an der Klampfe.

Also der Meister ?uestlove an den Drums, der Riese Hub am Bass, Kamal am Keyboard und Black Thought als Master of Ceremony. "Rock You" zu Beginn, um gleich ein Statement zu geben. Bald folgt das erste Solo. Die Zuschauer lauschen gespannt den Klängen des Basses und verfolgen, wie sich die ganze Band aufreiht und in bester Luftgitarren-Manier eine kleine Choreographie hinlegt. Zurück auf den gewohnten Plätzen gibt es eine Auswahl an Songs von "Phrenologie". Ein Augenschmaus ist Roots-Mastermind, ?uestlove, der abwesend hinter dem Schlagzeug sitzt. Man kann förmlich sehen, wie er beim Spielen über neue Beat-Kreationen nachdenkt.

Und immer wieder bringen sie kleine Skits, die einfach nur mit Live-Band möglich sind. Improvisationen, gemeinsames Jammen und kurzes Anspielen von Klassikern wie "Rapper's Delight", die die Meute vor der Bühne bouncen lassen.

Auf die Frage "Do You Want Some Soul-Rock'n'Roll?" fällt dem Publikum trotz Unwissenheit nur ein zustimmendes Jubeln ein. Glück gehabt, denn "The Seed 2.0" folgt und die Crowd rockt mit. Mitreißend ist der Auftritt des Gitarristen Vernon Reid. Er überzeugt nicht nur beim Cody Chestnut-Gesangspart von "The Seed 2.0", auch den Refrain bei "Break You Off" von Musiq, singt er absolut treffend. Und sogar bei "You Got Me" passt seine Soul-geladene Stimme. Doch hat er nicht nur stimmlich einiges zu bieten, auch bei seinem Solo gibt er alles. Jimi Hendrix-mäßig haut er auf die Klampfe, um dann als großes Solo-Finale seine an Kiss erinnernde Zunge über den Schaft zu schlabbern.

Weitere Songs folgen bis zu dem Auftritt des stillen Kopfes: ?uestlove. Alle verlassen die Bühne und lauschen einer breiten Palette aus Breakbeats und afrikanischen Trommelklängen. Auch das Blues-lastige Solo des Keyboarders gefällt. Dann stimmt er Beethovens "Für Elise" an. Wer hätte gedacht, dass dieser Gassenhauer der Klassik zu einem Feuerwerk von Improvisationen aktueller Rap-Hits taugt. Die Zuschauer springen zu Kwelis "Just To Get By", Nellys "Hot In Here", Snoops "Beautiful", TLCs "Push It" (!) usw. usf.. Dann, laut Black Thought, "To Elevate The Situation", "Drop This Shit, Make My People Wanna Jump, Jump"- alle springen und schreien. Und Schluss.

Zugabe gibt es leider nicht nach einer guten Stunde Show, nur für einige ausgewählte Ladys, die hinter die Bühne geholt werden.

Artistinfo

LAUT.DE-PORTRÄT The Roots

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