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Mit:
Datum: 6. Dezember 2002
Location: 013
NL-Tilburg
Alle Termine ohne Gewähr

Review

laut.de-Kritik

Rock'n'Roll-Geschichte in Disneyland.

Review von Philipp Schiedel

Für J Mascis sind die Stooges "folk music for our generation". Vor über dreißig Jahren hieß das noch Punkrock und Iggy & the Stooges waren eine der wichtigsten Urgesteine einer heute nicht mehr wegdenkbaren Bewegung. "Raw Power" in Form eines durchgeknallten Junkies am Mikro und hymnische Akkord-Folgen für die Ewigkeit.

Heute sind das zum einen ein eher wenig erfolgreicher Iggy Pop ohne die Asheton-Brüder und ohne Basser Dave Alexander. Zum anderen die Asheton-Brüder ohne Iggy, die sich je nach Lust und Zeit Mike Watt (Minutemen, Firehorse) für die Vocals bzw. den Bass und mit dem Dinosaur Jr.-Kopf Mascis eine weitere Indie-Legende an die Gitarre packen, dabei Songs aus den ersten zwei Stooges-Alben "The Stooges" und "Fun House" covern und an einigen ausgewählten Orten rare Konzerte spielen. Klingt verdammt gut? Klingt verdammt nach exklusiv? Klingt verdammt nach einer dicken Rock-Show? Stimmt, in allen drei Fällen. Hält am Ende aber leider nicht das, was es verspricht.

Der erste Fehler beginnt schon beim Einlass. Welcome to Disneyland. Im 013 in Tilburg gibt es eigenes Plastikgeld und ein angeschlossenes Parkhaus. Da sinkt die Vorfreude natürlich gewaltig, zumal sich die Halle auch nur spärlich füllt (gegen Ende dann aber doch recht okay besucht ist). In dieser Art Venue-AG fühlen sich Stooges-Songs genauso fremd wie abgewetzte Turnschuhe an den Füßen der holländischen Ordner, die grüne Jacketts bevorzugen.

Punkt 21 Uhr begeben sich vier sichtbar gealterte Herren auf die Bühne. Von der ersten Minute ist klar: das hier ist mehr eine Jamsession denn ein Punk-Konzert. Mike Watts Stimme kann mit seinem Holzfällerhemd und Hulk Hogan-Bart nicht ansatzweise die Energie in die Songs drücken wie es Iggy vermochte, sondern klingt eher nach gealtertem Folk-Rocker. Da kann er noch so oft sagen, wie proud er ist und dass er mit den Stooges aufwuchs - passen tut das trotzdem nicht so recht.

Auch die eigentlichen Stooges-Reste tun sich merklich schwer mit ihren eigenen Songs. Schlagzeuger Scott Asheton ist die Verkörperung der Altersschwäche. Es ist kommt fast schon einer Katastrophe gleich, wie er mit letzter Kraft seine Stöcke taktfrei auf die Becken tippt. Kein Gedresche, keine Bassdrum. Nur ein alter Mann der sich nach Jahrzehnten noch mal auf den Schemel quält. Sein Bruder Ron an der Gitarre ist da nicht weniger aufregend, obwohl er stylish ohne Monitor-Boxen spielt. Als beim zweiten Gitarrist Mascis kurz eine Saite reißt liegt der Sound praktisch auf dem Boden und wartet darauf, dass J wieder die Führung übernimmt. Letzterer kombiniert die eigentlichen Hauruck-Stooges-Songs mit ein paar bemerkenswert langgezogenen Soli in bester Dinosaur-Manier und sorgt damit wenigstens für etwas Aufregung.

Nach guten 90 Minuten verabschiedet sich eine Cover-Band, die die Vergangenheit nicht im Entferntesten umsetzen konnte. Entnehmt den ursprünglich reißerischen Stooges jegliche Energie, düdelt lieber etwas rum und ihr kommt mit dem selben Ergebnis aus dem Proberaum. In Würde zu altern ist nicht einfach. Leider wurde diese Tatsache mal wieder unter Beweis gestellt.

Artistinfo

LAUT.DE-PORTRÄT The Stooges

Die wenn nicht bekannteste, so doch verruchteste Rockband aus Detroit, möglicherweise sogar die größte und mit Sicherheit die dreckigste aller Zeiten …