laut.de-Kritik
Original Pirate Material im Gebäude 9: Und das Publikum ging steil.
Review von Jasmin LützIn einem zu groß geratenen Sakko und mit neuem Album war die englische HipHop-Sensation Mike Skinner aka The Streets für drei Clubkonzerte nach Deutschland gereist. Natürlich sorgte er auch in Köln für ein ausverkauftes Gebäude 9. Das war nicht anders zu erwarten. Ui. Schließlich feierte er bereits 2002 und 2004 mit zwei Alben seine eigenwillige Mischung aus Breakbeats, Garage, HipHop und R'n'R. Das Debüt "Original Pirate Material" gilt zu Recht schon heute als eine Art Klassiker.
Den Stadtnamen des ersten Clubkonzerts bezogen Mike Skinner und sein Gesangspartner Leo an diesem Abend beinahe zu häufig in die Lied-Ansagen mit ein: "Cologne, Is It Me You Looking For?" Mit diesem berühmten Zitat und einigen deutschen Sprachversuchen ("Geht ihr mit mir stiel/steel?" - sollte wohl heißen "steil") betörte Mike und Live-Band die Mädels in der ersten Reihe. Ui. Und die Stimmung ging tatsächlich steil. Nicht zuletzt, weil am Schlagzeug einige leckere Brandy-Flaschen kopfüber drapiert waren, deren Inhalt vom Stargast selbst dem Publikum großzügig zu Gemüte geführt wurde.
Spiel, Spaß und Spannung. "Alle Hände in die Höhe". "Clap Your Hands, Say Yeah"! "Hello, Is It Me You Looking For?" (zum sechsten Mal) und noch einen Schluck Brandy. Skinner bringt eine Zuschauerin sogar dazu "I've Been Looking For Freedom" von David H. zu intonieren. Respekt, seine Fans hat der sympathische Proll aus Birmingham auf jeden Fall im Griff. Das von der Presse hoch gejubelte Genie weiß zu unterhalten. "Entertain Me, Like Robbie Williams".
Meine Erwartungen wurden allerdings nicht wirklich zur vollsten Zufriedenheit erfüllt. Ui. Muss wohl an seinem im April erscheinenden dritten Longplayer gelegen haben. "The Hardest Way To Make An Easy Living" strotzt verstärkt von R'n'B/Soul-Einflüssen und das ist nicht immer und jedermanns Sache. Anfangs noch tobend in der Masse hüpfend, drängte mich eine Art britische Xavier Naidoo-Gottesanbetung mehr und mehr in die hintersten Reihen.
Bei aller Liebe zu Songs wie "Dry Your Eyes" bevorzuge ich doch eher die raren Punkhits, wie "Fit But You Know It". Die Schmuseparts bleiben live eher trocken im Raum stehen und sollten einen Eintrag im Betäubungsmittelgesetz finden. Da braucht es doch ein paar Tassen Alkohol mehr, um in einen berauschten Exstase-Zustand zu geraten.
Darüberhinaus kommt sein doch so angesehener Wortwitz auf Platte sehr viel besser rüber. Mag auch daran liegen, dass man ihm in Farbe, akzenttechnisch ein wenig unterlegen ist. Ui. Zum Glück sah man keine englische Sido-Macho-Machine auf der Bühne. Aber den Cockney-Rüpel hatte ich mir persönlich doch lauter vorgestellt. Ui.