laut.de-Kritik
Gekommen um zu gratulieren: Stuttgart feiert das Visions.
Review von Oliver LambrechtErst die Arbeit und dann das Vergnügen: Nach 15 Jahren journalistischen Schaffens sollte die Party rund um das Musikmagazin Visions richtig mächtig sein. Daher reichten die geschätzten Kollegen von Berlin über Stuttgart bis nach Köln eine Geburtstagstorte bestückt mit großartigen Bands für die Zielgruppe weiter.
Die Anfangsfanfaren in Stuttgart ließen die sympathischen Muff Potter aus den Boxen dröhnen. Die vier Herren aus Rheine präsentierten einen Querschnitt ihres Schaffens ... in einer knappen halben Stunde. Der Schwerpunkt lag dabei auf den neuen Liedern aus dem aktuellen Album "Von Wegen".
In den vorderen Reihen herrschte verdientermaßen so etwas wie munteres Gedränge. Während im Vorraum die Turbojugenden zur allgemeinen Erheiterung ihre nackten Hintern präsentierten, übernahmen die Frickler von Dredg die Geburtstagsgesänge. In einer dreiviertel Stunde changierte die Musik der Kalifornier zwischen verspielt und gewaltig. Die Euphorie hielt sich allerdings in Grenzen. Leider verzichteten die Musiker darauf, das einzige dem Autor bekannte Lied zu spielen. "Matroska (The Ornament)" hätte seine Wirkung ganz bestimmt nicht verfehlt. (Das gilt übrigens auch für die ungespielten Songs "I Got Erection" der Turboneger und "Alles Was Ich Brauch" von Muff Potter).
Aus Interviewgründen verpasste der Rezensent im Anschluss leider The Soundtrack Of Our Lives sowie Life Of Agony. Die Schweden sollen dem Hörensagen zufolge jedoch eine großartige Show geboten haben. Auch Life Of Agony sollen nicht nur den Visions-Lesern der ersten Stunde geschmeichelt haben, wenngleich Kollege Möller aus Berlin anderes zu berichten wusste. Anschließend folgten zwei Höhepunkte bzw. knapp drei Stunden geballter Rausch. Turbonegro, die Comicfiguren aus Norwegen, betraten im "Party Animals"-Outfit die Bühne.
Hank von Helvete trug seine Wampe spazieren, zog ausführlich über die Stuttgarter Flughafenpolizei her und hatte - Achtung Floskel! - die Masse im Griff. Zwischen nahezu sämtlichen Liedern des aktuellen Albums streuten die Apocalypse Dudes viele Klassiker wie "Get it On" oder "Sell Your Body" (leider ohne Turbodollar) ein. Als wäre das noch nicht genug, legten Turbonegro bei der Zugabe im Denim-Outfit noch eine Schippe nach. Nach geschätzten fünf Minuten Abwesenheit kehrten sie mit "The Age Of Pamparius" zurück auf die Bühne. Von "Headache in my pants" keine Spur! Den feierlichen Abschluss des Abends gestalteten Mando Diao. Der erste Song "Paralyzed", nach Meinung der Band ihr bestes Lied, war Programm. Bei zwei Alben gespickt mit Klassikern wie "Sheep Dog", "Mr. Moon", "God Knows" oder "Sweet Ride" im Gepäck müssen die Musiker zwangsläufig als Headliner auftreten. Dazu gelang es den Schweden perfekt, die Magie aus den kleinen Clubs auf die große Festival-Bühne mitzunehmen.
Als Extra-Bonbon präsentierten die Herren um Björn Dixgård und Gustaf Norén auch zwei neue Lieder, die - wie könnte es anders sein - auf ungeteilte Gegenliebe stießen. Nach anderthalb Stunden war der letzte Ton schließlich gespielt und gegen halb eins mussten die zahlreichen Zuschauer vor der Halle Pläne für den weiteren Abend schmieden. Fazit: Eine Geburtstagsfeier, die sich das Visions verdient hat. Einmal mehr: Herzlichen Glückwunsch für 150 Ausgaben und Abende wie diese.
Fotogalerien:
Mando Diao in Köln: Pfundig!
Turbonegro in Köln: Töfte!
Life Of Agony in Köln: Knorke!