laut.de-Kritik

Sie zappeln sich aus jeder Schublade.

Review von

Die Kritik zu "Revolution", dem letzten Rusconi-Album aus dem Jahr 2012, endete mit weitsichtigen Worten: "Der nächste Schritt für Rusconi? Kann eigentlich nur noch die Integration von Gesang und Text sein."

Auf dem Nachfolger "History Sugar Dream" setzen die drei Schweizer dies in die Tat um. Erstmals nutzen die Freigeister Stefan Rusconi, Fabian Gisler und Claudio Strüby ihre Stimmen nicht allein zur Klangmalerei, sondern greifen offensiv zum klassischen Gesang mit Texten. Ein weiteres Puzzleteil in ihrer auch im zehnten Jahr noch so schwer greifbaren Welt.

Denn manch Jazz-Purist schlägt auch zum Band-Jubiläum noch die Hände über dem Kopf zusammen. Unberechenbar und sprunghaft, zwischen Komposition und Improvisation wankend, entwickeln Rusconi aus grundverschiedenen Einflüssen ihren charakteristischen Garage-Jazz. Miles Davis schäkert mit Radiohead, Sonic Youth, Paul Bley und Aphex Twin.

Vehement springen und zappeln sie sich aus jeder Schublade, in die man sie stecken möchte. Selbst das Großraumschubfach für Musiker, die in keine Schublade gesteckt werden möchten, erscheint ihnen zu klein. Genre-Grenzen stellen für sie nicht mehr als Narben auf dem anmutigen Antlitz der Musik dar.

Von diesem Gedanken ausgehend überrascht es kaum noch, dass "History Sugar Dream" ausgerechnet mit einer fragilen, von Schlagzeuger Claudio Strüby gesungenen, Folk-Ballade beginnt, die mit Slide-Gitarre und rollendem Bass an Bon Iver erinnert. Für den Text zeichnet Drehbuchautorin, Dramatikerin und Radio-Kolumnistin Martina Clavadetscher verantwortlich.

Bereits im darauf folgendem "Meditation" kriecht der Jazz rau und ungeschminkt aus seinen finstersten Ecken hervor. Penetriert von Gislers beißender Gitarre und unterlegt von Strübys polterndem Schlagzeug bildet sich ein Fantasiereich, verstörend und grazil.

Im elegant verspielten "Twisted" übernimmt Rusconi zu Piano und Glockenspiel den Hauptgesang, der ebenso direkten Kontakt zum Zuhörer aufbaut, wie er im nächsten Moment als Spielzeug dient. Gislers locker groovender Bass in "The Return Of The Corkies" hält diese Verbindung aufrecht, bis das geschlossenes Wahnsystem "Universe Relocated", ein verstörend schwereloser Weltraumtrip, diese abrupt abbricht.

Rusconi verbinden auf "History Sugar Dream" bemerkenswerte Virtuosität mit Abenteuerlust und Passion. Auf der Suche nach des Pudels Kern erkunden sie ihre Geschicklichkeit zwischen anschmiegsamen Harmonien und der inneren Unruhe. Unkonventionell und von jeder Engstirnigkeit befreit finden sie mit dem Mut zum Experiment ihren eigene Zugang zum modernen Jazz.

Trackliste

  1. 1. Finally
  2. 2. Meditation
  3. 3. Ankor
  4. 4. Twisted
  5. 5. Yogya Trip
  6. 6. Change (Part One)
  7. 7. The Return Of The Corkies
  8. 8. Universe Relocated
  9. 9. Chihiro's World
  10. 10. Sojus Dream

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