laut.de-Kritik
Jon Spencer goes Hip Hop, aber sonst ändert sich nix.
Review von Jasmin LützThe Jon Spencer Blues Explosion heißt ab sofort nur noch Blues Explosion. Da vermutet man große Veränderungen oder sogar wechselndes Musikerpersonal? Aber keine Angst. Der smarte Frontrocker taucht einfach nicht mehr im Bandnamen auf. Es ist eine Art Huldigung an seine Rockerkollegen Judah Bauer und Russell Simins. Für eine 13 Jahre lange intensive und gute Zusammenarbeit. So nach dem Motto: Wir sind ein Team und kein Soloact.
Vergleichen könnte man die Namenskürzung auch mit einem Schokoriegel. "Raider heißt jetzt Twix, ansonsten ändert sich nix." Stimmt. Den typischen Rock'n'Roll Sound einer Blues Explosion kann man mittlerweile auch mit verstopften Ohren erkennen. So auch auf dem aktuellen flammenden Inferno "Damage". Doch neben den lauten, Blues verkleideten Gitarren, dem wummerndem Schlagzeug und der gewohnten Spencer Stimmakrobatik "Yeah", die immer mehr an einen zerknitterten Mick Jagger erinnert ("Burn It Off"), verblüffen sie mit einigen neuen Remix-Sounds.
Freunde der Kopfnicker-Musik werden ihre helle Freude haben. Blues Explosion goes Hip Hop. War die letzte Platte Plastic Fang noch die reine Rock'n'Roll-Explosion, bekommen wir diesmal eine beat-betonte Songauswahl aus der Hip-Trip-DJ-Hop-Welt. Da mag sich so mancher Pussy Galore-Fan den Kopf dran stoßen, wenn die special Gäste ihren Sound mitbringen.
Schwergewicht Chuck D., der legendären Politrapper von Public Enemy, tritt mit "Hot Gossip" in den düsteren Untergrund. Da bewege ich gerne meinen Schädel und fühle mich wie eine richtige Headz-Braut. Yo!Weibliche Unterstützung bekommt Mr. Spencer diesmal von Martina Topley Bird (Spoiled), die sonst ihre Stimme bei Tricky zum Besten gibt.
Um das Namedropping fortzuführen, stehen folgende weitere hohe Persönlichkeiten auf der Gästeliste: Vinyl-Junkie DJ Shadow, der irische Produzent David Holmes, der "Plastic Fang" Produzent Steve Jordan, Alan Moulder, der schon für den richtigen Sound bei Nine Inch Nails und The Jesus And The Mary Chain sorgte und Gorillaz-Mixer Dan The Automator. Puh.
Ehrlich gesagt, ist mir ja der reine Rock'n'Roll einer Blues Explosion oder der Trash von Pussy Galore lieber, aber nach 13 Jahren hat man vielleicht die Schnauze voll davon und probiert einfach mal was Neues. Das kann man den coolen New Yorkern nicht übel nehmen. Songs wie "Help These Blues" kann man durchaus fürs nächste Tanzvergnügen auf den Plattenteller legen, und mit "Fed Up And Low Down" und einigen gefrickelten Unterbrechungen fordert DJ Shadow zum wilden Pogen auf. Ich mag das Album. So lange Jon, Judah und Russell nicht demnächst die Stadien rocken, ändert sich nix.
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