19. Februar 2018

"'Game of Thrones' war meine Inspiration"

Interview geführt von

B-Tight begeht das 20-jährige A.i.d.S.-Jubiläum mit einem neuen Solo-Album. Im Interview spricht er über den Spagat zwischen Nostalgie und Trends, verrät seine Inspirationsquellen und, wie er zum Produzieren gekommen ist.

Im letzten Interview für laut.de wünschte sich B-Tight eine neue Royal TS-Platte. Passend zum 20-jährigen Alles ist die Sekte-Jubiläum ist aus dem Ansinnen "A.i.d.S. Royal" geworden, ein B-Tight-Soloalbum inklusive EP mit Sido. Das Nostalgie-Level bleibt also konstant hoch. Dazu passt, dass B-Tight sich dieses Mal vermehrt selbst aufs Produzieren fokussiert hat. Trotzdem lebt Robert Edward Davis, so B-Tight bürgerlich, nicht nur in der Vergangenheit, sondern gestaltet auch seine eigene Zukunft aktiv.

Tachchen, B-Tight. Zum Aufwärmen: Tour oder Albumproduktion – was ist stressiger?

Puh, gute Frage. Eigentlich nimmt es sich nicht viel. Beides hat seinen eigenen Stressfaktor. Wenn ich mich aber entscheiden müsste, dann ist die Albumproduktion stressiger. Da ist einfach viel mehr zu beachten. Bei der Tour sind nur die Vorbereitungen etwas stressig. Aber wenn du dann auf Tour bist, ist es entspannt.

Dein Arbeitspensum ist schon beachtlich. Seit 2015 hast du jährlich eine Platte abgeliefert und eine ausschweifende Tour gespielt. Wie schafft man das?

Meine Kinder halten mich fit. Ich muss fast jeden Tag mit denen Fußballspielen, und das reicht dann eigentlich schon. Ansonsten hab ich mittlerweile recht geregelte Zeiten, zu denen ich aufstehe und esse. Ich höre einfach auf meinen Körper, dementsprechend verhalte ich mich dann auch. Das hat bis jetzt ganz gut funktioniert.

Auf Tour kann ich mir in etwa vorstellen wie dein typischer Tagesablauf aussieht. Wie verhält es sich in der Produktionsphase zu einem Album?

Als erstes miete ich mir irgendwo im Wald ein Haus oder einen Raum, wo ich meine Ruhe habe. Da schließe ich mich dann für zwei bis drei Wochen ein, schreibe das komplette Album und nehme Demos auf. Anschließend brauche ich erstmal kurz Abstand und gönne mir zwei Wochen Pause. Danach geh' ich mit den Demos ins Studio und arbeite sie so aus, dass sie auch gut klingen. Je nachdem, wie es der Alltag zulässt, bin ich dann bis zur Abgabe jeden Tag im Studio.

"Ein Album im Trap-Style war nie eine Option"

Kommen wir auf dein neues Album "A.i.d.S. Royal" zu sprechen: Name und Ausrichtung sind eine Hommage an deine Anfangszeit mit der Sekte und bei Aggro Berlin. Schon bei "Wer hat das Gras weggeraucht" und "Retro" haben die Albumtitel diesen Nostalgie-Flavour zumindest inhaltlich auch schon unterstrichen. Mir scheint, du erinnerst dich in deinen Texten gerne an die gute alte Zeit zurück.

Ja, auf jeden Fall. Die Zeit hat mich auch sehr geprägt, den Hip Hop generell sehr geprägt. Musikalisch habe ich ja bei "Born 2 B-Tight" eine kleine Auszeit von dem Retro-Zeug genommen. Nach dem Album habe ich aber gemerkt, dass mir das doch mehr Spaß macht. Deswegen ziehe ich das jetzt auch erstmal weiter durch. Zudem hatten wir 20-jähriges A.i.d.S-Jubiläum, dementsprechend wollte ich das auch feiern.

Wie schafft man den Spagat zwischen Nicht-in-der-Vergangenheit-stehen-bleiben und Nicht-jedem-aktuellen-musikalischen-Trend-hinterherlaufen?

Um ehrlich zu sein, hab ich da noch nie so genau drüber nachgedacht. Ich hab' eigentlich immer auf mein Bauchgefühl gehört. Da mich das ganze neue Zeug nur teilweise interessiert, war es für mich nie eine Option, ein Album im Trap-Style zu machen.

Du hast dieses Mal bis auf einen Track das komplette Album selbst produziert. Wie kam es zu dieser Entscheidung?

Beim letzten Album war es ja so, dass ich mir Beats von Produzenten gepickt habe. Als es darum ging, mir die Spuren zu schicken, waren die Beats auf einmal alle nicht mehr da. Dann hatte ich so sechs bis sieben Beats, die ich nochmal nachbauen musste, und dann hab' ich mir gedacht: Eigentlich kann ich ja auch selbst produzieren.

Ich hatte früher schon immer mal wieder produziert, aber über die Jahre hab ich so ein bisschen den Bezug dazu verloren. Ich hab' das nachproduziert und mir gedacht: Das klingt auch nicht anders, als das, was die anderen machen. Danach stand für mich fest, dass ich bei meinem nächsten Album alles selbst produzieren möchte. Im Endeffekt war ich selbst überrascht, dass mir das gefallen hat, was ich gemacht habe.

Wie gehst du an einen Beat ran? Hörst du den ganzen Tag Samples durch oder produzierst du einfach spontan drauflos?

Nee, ich benutze gar keine Samples, ich spiel' alles selber ein. Ich suche Sounds, die mir gefallen, und leg' dann einfach los, bis der Beat fertig ist. Es ist ja nicht so, dass ich einen Beat in einer halben Stunde ausproduziere. Das ist schon ein längerer Prozess bei mir. Ich bin mittlerweile so ein bisschen Nerd geworden und schraube so lange rum, bis mir der Sound gefällt.

Wie förderst du generell deine Kreativität zutage?

Bei "Wer Hat Das Gras Weggeraucht?" war es eher so die Erfahrung übers Kiffen und kritische Punkte in meinem Leben, die ich mit reingebracht habe. Bei diesem Album habe ich während der zweiwöchigen Aufnahmen sechs Staffeln "Game of Thrones" gesuchtet. Das war meine Inspiration, was das Zwischenmenschliche angeht, was die Brutalität angeht. Das war für mich immer ein schöner Denkanstoß, und das hab' ich dann einfach auf meine Art auf Platte gebracht.

"Lieber zwei Wohnmobile als einen Nightliner"

Mit deinem ehemaligen Partner in Crime, Sido, gibts eine Bonus-EP zum Album dazu. Mit den Jahren seid ihr beide musikalisch ja doch etwas auseinandergedriftet. Warum passen Sido und B-Tight heute immer noch zusammen?

Weil wir dieselbe Vergangenheit haben. Natürlich haben wir uns beide verändert und sind in eine andere Richtung gegangen, aber der Kopf ist trotzdem irgendwie gleich. Auch wenn wir uns eine Zeit lang nicht sehen, ist es so, als hätten wir uns erst gestern das letzte Mal getroffen. Ich erkenne bei uns beiden keine befremdliche Art, wenn wir uns sehen. So ist es dann auch mit der Musik: Wenn wir beide den selben Beat geil finden, dann gehts einfach los.

Wenn du noch einmal einen Blick in die Vergangenheit und auf deine Aggro-Zeit wirfst: Was hast du mit deiner Musik bewirkt?

Da gibts für mich zwei Ebenen. Einerseits die persönliche: Mir wird oft gesagt, dass ich Leuten geholfen habe, mit meiner Musik. Ich habe Leuten, die sehr viele Probleme und wenig Geld hatten, Kraft gegeben. Was die Hip Hop-Ebene anbelangt: Mit Aggro Berlin haben wir zur damaligen Zeit den deutschen Hip Hop erheblich geprägt. Bei den Aggro-Ansagen war ich auch immer sehr stark involviert, und die waren dann ja letztendlich auch erfolgreich. Von daher glaube ich, dass das auch mit auf meine Kappe geht.

Was würde der 25-jährige B-Tight über den heutigen B-Tight sagen?

Er würde sagen, dass der Typ Charakter hat und, dass er ja doch nicht so ein Weichei ist, wie man vielleicht manchmal denkt. Ich glaube, ich würde mich gut mit ihm verstehen.

Welche Rap-Bewegung prägt die Szene mittlerweile nachhaltig, so, wie es vielleicht nur Aggro Berlin getan hat?

Ganz klar: die 187 Straßenbande. Die sind die Vorreiter. Jeder macht das ja jetzt. Bonez MC & RAF Camora sind die zwei, die das gemacht haben. Ich glaube, die prägen die nächste Generation. Und Ufo. Der ist der Vorreiter, was Trap-Musik in Deutschland angeht.

Auch was die anderen Features anbelangt, hast du komplett auf Berliner Jungs zurückgegriffen. Gibts noch Features im Deutschrap oder aus anderen Genres, die du unbedingt noch machen willst?

Hmm, lass' mal überlegen ... Ne, eigentlich nicht. Ah, doch: Ich würde gerne mit Peter Fox zusammenarbeiten. Ach, und mit Disarstar würde ich gerne mal etwas aufnehmen.

Viele Rapper haben heutzutage ein zweites Standbein. Die einen sind Gastronomen, andere schreiben Bücher oder verkaufen Fitnessprodukte. Welches Business könntest du dir zusätzlich noch vorstellen?

Ich bin ja schon in der Videoproduktion tätig. Ich drehe meine Videos alle selber, mache auch meistens den Schnitt und die Farbkorrekturen. Ich hab' auch schon mehrere Anfragen von anderen Leuten bekommen, aber hab' die Zeit noch nicht dafür gefunden. Aber das ist auf jeden Fall etwas, das ich in Zukunft noch weiter ausbauen will.

Könntest du dir auch vorstellen, Newcomer aufzubauen?

Ja, auf jeden Fall. Ich hab' da auch tatsächlich schon jemanden im Blick. Ein Riesentalent, aber noch sehr jung. Ich weiß auch noch gar nicht, was er live kann. Deswegen muss man den jungen Mann von Grund auf aufbauen und ihm Zeit geben. Aber in den nächsten zwei bis drei Jahren wird da sicher noch Einiges kommen.

Abschließende Frage: Rollst du auf Tour wieder mit deinem Bobby-Car-Wohnmobil durch Deutschland?

Würde ich gerne, aber leider ist das originale Bobby-Car kaputt. Aber ja, ich bin wieder im Wohnmobil unterwegs. Damit werde ich immer unterwegs sein. Falls das alles irgendwann noch größer werden sollte, nehme ich lieber zwei Wohnmobile mit auf Tour als einen Nightliner.

Dann lass' es krachen auf Deutschlands Straßen. Vielen Dank für das Interview, Bobby!

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