laut.de-Biographie
Bambus
Aller Anfang sei schwer, behauptet der Volksmund. Bambus sieht das, zumindest auf Musik bezogen, ganz anders: "Wenn man anfängt zu rappen, braucht man einen PC, einen Beat und ein Mic, dann geht es los", erinnert er sich im Gespräch mit ALL GOOD an seine ersten Schritte.
Die unternimmt der Mann, der sich später in Dortmund niederlassen soll, noch auf dem platten Land: Bambus verlebt seine Kindheit und Jugend in einem nordrhein-westfälischen Nest. Seine ersten musikalischen Ergüsse bastelt er als Viertklässler in seinem Kinderzimmer zusammen. Bald stellt er fest: Der Anfang mag einfach gewesen sein - doch dann?
"In meinem Dorf gibt es keine Szene", konstatiert Bambus und zieht auch gleich die logische Konsequenz: "Man vernetzt sich automatisch übers Internet. Wäre ich in einer Großstadt aufgewachsen, wäre es vielleicht anders gekommen. Aber durch meine Situation bleiben mir nur Soundcloud, Bandcamp und so, um meine Musik anderen Menschen zugänglich zu machen. Wie willst du als Dörfler sonst Präsenz zeigen?"
Bambus stellt 2013 den ersten Track via Soundcloud ins Netz. Eine gute Idee, wie es aussieht: "Der Produzent Noiscape hat mich daraufhin angehauen und wir haben damit begonnen, Beats zu bauen." Ein Stück führt zum nächsten, auch Kooperationspartner finden sich online.
Wenig später blickt Bambus bereits auf eine vergleichsweise umfangreiche Diskografie zurück. Zudem ist er in verschiedenen Kontexten aktiv, meist in lose organisierten Kollektiven von Gleichgesinnten.
Bambus' Genitalgäng tauft sich später in 7,8 um, "weil uns der Name irgendwann zu albern klang". Seine andere Crew, Wronghouse, trennt sich infolge unterschiedlicher Vorstellungen davon, wie viel Energie die Beteiligten in das Projekt zu investieren bereit sind.
Bambus selbst allerdings erweist sich als konstant produktiv. Seit 2013 veröffentlicht er EP um EP, Album um Album. Ein physisch greifbarer Release bleibt allerdings lange ein Traum. Erst im Herbst 2017 erscheint bei Weltgast seine EP "Wechsel" (der später noch die Fortsetzung "Wirkung" folgt) auch auf Vinyl.
Für "alles andere als ernst oder übellaunig" befindet rappers.in Bambus frühe EP "Das Leben Ist Hart". "Der Rapper trägt seine Lyrics mit einer besonderen Lockerheit vor, so dass es teilweise den Anschein erweckt, als spreche er die Texte einfach beiläufig ins Mikrofon ein, statt sie trainiert oder gar krampfhaft einzurappen."
Bambus selbst bestätigt wiederholt, weit mehr Wert auf die Atmosphäre eines Tracks zu legen als auf besonders ausgefeilte Raptechnik. Daran mag sich mancher Kritiker stören. Andere feiern gerade den vernuschelten Flow, der zwar die Verständlichkeit der Texte erheblich erschwert, die Stimme dafür aber wie einen integralen Bestandteil der Musik wirken lässt.
Die musikalische Untermalung passt dazu: Was einst als (wenn auch moderne) Spielart von klassischem Boom-Bap angefangen hat, entwickelt sich über die Jahre zu Cloud-Rap mit Lo-Fi-Ästhetik, der stellenweise schon beinahe als Ambient durchgeht.
Der Umzug vom Land in die Großstadt bringt zwangsläufig eine Umstrukturierung der persönlichen Verhältnisse mit sich. Liefen Kooperationen und Kollaborationen vorher meist virtuell ab, knüpft Bambus in Dortmund - endlich! - auch Bande im richtigen Leben. Er zählt zu den Mitbegründern der Freudhausgang: "Gemeinsam impulsiv nach vorne, der Sound findet zu sich selbst."
Inhaltlich hält sich Bambus, obwohl er sich als gesellschaftskritischen und interessierten Beobachter des Weltgeschehens sieht, trotzdem zurück: "Ich möchte niemandem permanent politische Sachen um die Ohren hauen", erklärt er. "Das wirkt verkrampft. Meine Musik soll vor allem entspannt bleiben und nachvollziehbar sein."
"Zwischen Dream-Pop und Dark-Net-Rap" siedelt die Juice seine Musik an. Bambus selbst stellt eine grundsätzlichere Frage: "Vielleicht bin ich nicht mal ein richtiger Rapper. Ich mache einfach das, was in meinen Augen auf den Beat passt."
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