2. September 2003

"Ich war eigentlich nie so cool ..."

Interview geführt von

Liest man doch allerhand Negatives über Interviews mit den Jungs vom BRMC. Sex, Drugs and Rock'n'Roll haben natürlich oberste Priorität, und hier und da mal ein kleiner Skandal. Aber man soll ja nicht alles glauben, was in der Presse oder im Internet steht. Dies bestätigt mir auch später noch mal Robert Turner. Der sitzt ziemlich schlapp auf dem Sofa in der Virgin Office. Er ist mir auf Anhieb sympathisch.

Fragt, wie es mir geht und gibt höflich die Hand. Rauchen will er auch nicht. Keine Spur vom pöbelnden Rockstar. Er mimt eher den stillen Rebellen. Fotos lässt er wohl nicht so gerne von sich machen. Ziemlich schüchtern steht er auf, setzt sich auf den Rand des Sofas und guckt leider nicht in die Kamera. Ich will ihn auch nicht quälen und packe meinen Md-Player aus. Den beäugt er neugierig und sagt: "Oh, den selben habe ich auch zu Hause. Der ist ziemlich gut. Ich benutze ihn, um einige Songs mit der Akustikgitarre aufzunehmen." Na dann, mal los. Leider kann ich Robert nicht alle vorbereiteten Fragen stellen. Der Kalifornier braucht sehr lange, um eine Antwort zu geben.

Auf eurer ersten Scheibe "Black Rebel Motorcycle Club" fragt ihr "Whatever happend to my Rock'n'Roll?" Ich finde mit "Take Them On, On Your Own" habt ihr diese Frage bestens beantwortet. Das Album ist wirklich großartig!

Robert (sichtlich gerührt): Oh, vielen Dank (grinst).

Kannst du vielleicht kurz und knapp die Entwicklung vom ersten Album zu diesem zweiten beschreiben?

Kurz und knapp? Hmm. Das ist schwierig. (ich weiß, Robert, aber du schaffst es). Es ist viel Zeit vergangen zwischen den beiden Alben. Wir sind viel getourt und durch diese Erfahrung und durch die Reaktionen des Publikums haben wir uns weiter entwickelt. Es hat uns befreit. Du kommst aus deiner gewohnten Umgebung, aus der Stadt, in der du aufgewachsen bist und spielst plötzlich überall, wo auch immer die Tour dich hinführt. Du triffst Leute, deren ganze Leidenschaft die Musik ist. Dadurch entsteht eine unglaubliche Energie. Das bedingt sich gegenseitig. Während der Tour sind wir mit den Stücken des ersten Albums zusammen gewachsen. Für uns war es wichtig, das neue Album so aufzunehmen, dass es unser Lebensgefühl reflektiert.

Und habt ihr das neue Album auch wieder selbst produziert und abgemischt?

Ja und das war uns auch sehr wichtig.

Verspürt ihr mehr Druck was die neue Platte angeht? Ich kann mir vorstellen, dass es schwieriger ist, nach so einem Debüt-Erfolg neue Songs zu schreiben?

Findest du? Irgendwie kommt jeder an und sagt, das müsste schwierig sein. Da muss ich mal kurz überlegen ... (Längere Pause. Stöhn.) Ich empfinde das eigentlich nicht so. Es war nicht mehr Druck da. Zumindest nicht mehr, als bei der ersten Platte. Wir hatten unsere eigenen Ziele, die wir erfüllen wollten. Es ist immer der Druck da, den du dir selber machst. Du musst dich mit jedem neuen Album neu beweisen. Es reicht nicht, nur eine erfolgreiche Platte zu machen und die nächste ist dann Müll.

Ich habe gelesen, dass ihr einige eurer Demo-Tapes verloren habt?

Das ist lustig, verloren gegangen. Ist aber nur halb wahr. Du hast halt deine Studioaufnahmen, die dann zum Label geschickt werden sollen. Auf dem Weg dahin werden sie aber öfter herum gereicht, um irgend welche Remixe zu machen. Zum Beispiel fürs Radio. Auf diesem Weg sind tatsächlich einige Bänder verschwunden und da waren nicht nur die Songs vom neuen Album drauf, sondern auch experimentelle Stücke für B-Seiten und so. Wir haben da leider keinen großen Einfluss drauf. Es ist schon sehr bizarr. Das wird alles von der Plattenfirma gemacht und wir können über dieses Fuck-Chaos nur lachen.

Eure letzte Europatour war ziemlich anstrengend, oder? Euer Schlagzeuger hat kein Visa bekommen und irgend jemand von euch war krank?

Jemand war krank? Woher weißt du das eigentlich alles?

Vorwiegend aus dem Internet.

Ja, ja, die Presse. Was in der Zeitung steht, kann man vielleicht noch einigermaßen glauben. Aber die Geschichten im Internet sind meistens bullshit. Die Sache mit dem Visa ist schon ein Problem. Nick konnte die Staaten nicht verlassen, weil er sonst nicht wieder einreisen durfte. Zum Glück haben wir aber für die letzte Tour in Europa schnell einen Ersatz gefunden. (Pete Salisbury, Ex-The Verve, Anm. d. Redaktion). Das hat auch sehr gut funktioniert, aber natürlich spielen wir lieber mit Nick. Klar. Er ist halt ein Engländer in New York, weißt du.

Wie denkst du über die sogenannten Neuerfinder des Rock'n'Roll? Also Bands wie The Strokes, The White Stripes und natürlich Black Rebel Motorcycle Club?

Das sind schon alles coole Bands, uns eingeschlossen (grinst). Das sind alles leidenschaftliche Menschen, die Extreme ausloten. Das ist Rock'n'Roll.

Können heutzutage überhaupt noch Legenden entstehen, wie zum Beispiel Mark E. Smith oder Iggy Pop?

Hmm, schwierig. Ich meine damals, als die ihre ersten Platten gemacht haben, hat auch noch keiner von Legende gesprochen. Du musst dich erst mal beweisen. Ich finde, man muss jetzt auch noch nicht von Legenden sprechen. Es reicht, dass es da draußen sehr viele gute Bands gibt. Ich denke, wenn das die Neuerfindung ist, dann sind wir gerade mal auf Stufe 1: Four on the floor drum beat, chorous and that's it!

Kannst du dich an die erste Platte erinnern, die du dir gekauft hast?

Nein, daran kann ich mich nicht erinnern. Ich war eigentlich nie so cool und habe mir nie viele eigene Platten gekauft. Die meisten Sachen habe ich bei Freunden gehört. Bands wie Joy Division und New Order haben mich schon sehr begeistert. Ich habe immer mitgesummt, wegen den coolen Melodien. Ich hatte auch viele Skater-Freunde, die Heavy Metal gehört haben. Dann kamen noch die Stone Roses, Hendrix und Velvet Underground dazu, weil das alle gehört haben. Aber ich bin dafür einfach zehn Jahre zu spät geboren, und ich bin nicht von Haus aus cool. Eher das Gegenteil. Ja, so sieht es aus mit meiner Erziehung.

O.k. Leider ist die Zeit schon um. Vielen Dank.

Musst du das jetzt abtippen?

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