laut.de-Biographie
Claud
Claud Mintz identifiziert sich als non-binär und hat im Englischen das Pronomen "they" für sich gewählt, für das es im Deutschen noch kein etabliertes Äquivalent gibt. Es wird hier deshalb auf geschlechtsspezifische Pronomen verzichtet und häufiger auf den Namen zurückgegriffen.
"Ich glaube, ich fühle Liebe sehr intensiv." Was Claud dem Magazin The Forty Five da sagt, glaubt man sofort, wenn man das Debüt-Album "Super Monster" hört. Claud schreibt von romantischen Nächten, unerwiderten Schwärmereien und auch davon, sich selbst zu lieben und zu sich zu stehen. Das kann einen in seiner Gefühligkeit zwar auch erdrücken, kommt textlich aber immer mit genug Witz und Cleverness daher, um zu überzeugen. Die Musik dazu ist charmanter und unaufdringlicher Bedroom Pop, der mal mehr, mal weniger Richtung Radio schielt.
Bevor Claud unter dem eigenen Namen Musik macht, gibt es erst einmal Toast. So heißt das Projekt, das 2017 mit dem Kommilitonen Josh Mehling entsteht, als Claud an der Syracuse University beginnt, Musik zu studieren. Gemeinsam veröffentlichen die beiden 2018 eine EP und feiern damit erste Achtungserfolge.
Kurz darauf lässt Claud den Namen Toast hinter sich, Mehling bleibt aber weiterhin ein enger Vertrauter und Kollaborateur. Der erste größere Release folgt 2019 mit der EP "Sideline Star". Im selben Jahr bricht Claud das Studium ab, um sich Vollzeit auf die Musik zu konzentrieren.
Darauf befindet sich auch Clauds bis dato erfolgreichster Song "Wish You Were Gay", der mit dem Track von Billie Eilish nur den Titel gemein hat. In der gut aufgelegten Pop-Ballade wünscht sich Claud von einer nahestehenden Person geliebt zu werden. Dabei erzählt Claud immer auch etwas über die genderqueere Perspektive auf die Liebe und das Leben: "I wish you were gay so you could just hold me / Call me your babe instead of your homie / Don't know what to say / But I wish you were gay."
Das zugehörige Video, eine Hommage an den Film "500 Days Of Summer", zementiert Claud weiter als aufstrebenden Indie-Pop-Star. Clauds Musik klingt mit ihrer leicht naiven Wärme dabei wie gemacht für Indie-Filme wie beispielsweise "Juno".
Zwar müssen 2020 viele geplante Auftritte, unter anderem als Support für Tegan and Sara, aus bekannten Gründen ausfallen. Eine Wiedergutmachung folgt aber schon kurz darauf, als bekannt wird, dass das frisch von Phoebe Bridgers gegründete Label Saddest Factory Claud als ersten Act unter Vertrag genommen hat.
Mit solch einer Rückendeckung wachsen natürlich auch die Erwartungen an das Debüt-Album, aber Claud schwärmt gegenüber The Forty Five von der guten Betreuung durch Bridgers: "Sie ist wirklich clever und hat ein echt gutes Händchen für Marketing. Es ist wirklich sehr cool, sie in meinem Team zu haben."
Die Singles versprechen auch, den Erwartungen gerecht zu werden. "Gold", "Soft Spot", "Cuff Your Jeans" und "Guard Down" bewegen sich zwischen tanzbar und verträumt, teilweise auch beides im Einklang, und liefern mit scheinbarer Leichtigkeit launige Melodien und Hooks. Claud scheint sich, ähnlich wie zuvor auch Beabadoobee oder Soccer Mommy, von den 90ern und frühen 2000ern inspirieren zu lassen. Dabei klingen mal die Gorillaz an, häufiger aber Avril Lavigne.
Nebenbei gründet Claud unter dem Namen Shelly noch so etwas wie eine Bedroom-Pop-Supergroup, die Clairo, Mehling und Noa Frances Getzug komplettieren. Im Herbst 2020 veröffentlicht die Gruppe zwei in der Quarantäne entstandenen Songs, später wird Shelly auch als Feature-Gast auf "Super Monster" aufgeführt.
Das fertige Album erscheint im Frühjahr 2021, und vielleicht beschreibt Claud es gegenüber dem DIY Magazine selbst am besten: "Das ist eine Aufrichtigkeits-Erklärung und ich will, dass es mehr als alles, das ich vorher veröffentlicht habe, zu einer Vorstellung für mich wird." Auch wenn diese Gefühligkeit, wie bereits erwähnt, leicht erdrückend wirken kann, hat man nach dem Hören von "Super Monster" zumindest das Gefühl, dass man Claud nun kennengelernt hat.
Die Offenheit und Zugänglichkeit sind bewundernswert. Vor allem dann, wenn Claud wie in "That's Mr. Bitch To You" für sich und ihre Identität einsteht: "I turned my back, I'm stronger than you thought / Bet you didn't know / I won't let a straight man throw me off" und schließlich: "Mr. Bitch / That's Mr. Bitch to you."
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