Porträt

laut.de-Biographie

Curtis Waters

Ein TikTok-Hit ist ein Wettobjekt: Die Online-Plattform kann 2020 einen Musiker binnen Monaten an die Spitze der Industrie-Nahrungskette befördern. Nur, was da oben dann mit den jungen Musikern passiert, weiß niemand so recht. Curtis Waters befindet sich in dieser Situation, als er im März des Seuchenjahres ein Snippet für seinen Song auf TikTok postet. "I'm a pretty boy, I', stunning" geht der Chorus, standesgerecht serviert mit einem eingängigen Retro-Beat und einem albernen Tanz für die App. Der Song ist nicht einmal veröffentlicht, aber eine Woche später macht die Nummer bereits 200.000 Views und hunderte Kommentare.

Wer die Ohren spitz hält, weiß, wie heiß begehrt diese viralen Momente sind. Labels arbeiten seit Jahren daran, sie künstlich zu reproduzieren. Während Curtis also in den nächsten Monaten den Weg nach oben antritt, die Klicks in Millionenhöhe anhäuft und zur ersten Liga der TikTok-Artists aufsteigt, pflastern seinen Weg zwielichtige Label-Angebote. Die ersten klopfen an, bevor der Song überhaupt veröffentlicht ist. Je länger er standhält, desto astronomischer werden die ihm gebotenen Zahlen. Aber wie er selbst in einem Interview bemerkt, sind diese Angebote kaum brauchbar. Für große Labels ist er halb Spekulationsobjekt und halb Versuchskaninchen. Sie interessieren sich für das virale Potential von "Stunning", wollen aber weder sein Album hören noch seine Geschichte wissen.

Dabei ist die durchaus erzählenswert: Curtis wächst nämlich als Kind von Nepalis auf, die in ihrer migrantischen Reise in Deutschland und Kanada leben, bevor sie sich mit ihren jungen Söhnen in einer Kleinstadt in North Carolina niederlassen. In seinen Teenager-Jahren entdeckt er Kanye West und Odd Future für sich, verliebt sich in Kunst und Medien und beginnt, insgeheim Musik zu machen. Seine Leidenschaft beißt sich jedoch mit der konservativen Kultur seiner Eltern. Schon seine mit zwölf das erste mal auftretende Depression kann er nicht mit ihnen teilen, umso weniger seine kreativen Ambitionen, die sich oftmals mit diesen Umständen auseinandersetzen.

Das alles passiert in den drei Jahren vor "Stunnin". Curtis produziert Beats, rappt über seine Traurigkeit, fängt irgendwann ein Studium an, das er aber aus gesundheitlichen Gründen unterbrechen muss. Die Ärzte diagnostizieren Bipolarität und die Einstellung der Medikamente macht es einen Moment unmöglich, weiter im Studium am Ball zu bleiben. Er arbeitet in einem Smoothie-Laden und versucht, sich wieder an das Material heranzutasten, Corona kommt übers Land und Curtis nimmt einen Hit auf. 2020 scheint für ihn wirklich ein Jahr der endlosen Möglichkeiten.

Nach einem langen Poker mit den Labels unterschreibt er schließlich bei BMG - mit deutlich größerer künstlerischer Freiheit. Der Manager, der auch Katy Perry zu ihren Hochzeiten vertrat, kann sich mit seiner asiatisch-amerikanischen Erfahrung identifizieren und gibt ihm die Möglichkeit, sein bereits im Frühjahr fertiges Album mit kleinen Updates im Herbst über das Label zu veröffentlichen. "Pity Party" heißt es und erscheint 2020 - mit Songs wie "System" emanzipiert es sich überraschend deutlich von der Leichtherzigkeit auf "Stunnin", die ihn populär gemacht hat.

Surftipps

  • Instagram

    Curtis' Instagram

    https://www.instagram.com/imcurtiswaters/?hl=de
  • TikTok

    Sein TikTok-Account

    https://www.tiktok.com/@curtiswaters?lang=de

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