laut.de-Biographie
Dieter Hallervorden
In aller Regel hat man mit 86 Jahren ganz andere Probleme, als sich ein neues berufliches Standbein aufzubauen; der Kabarett-Veteran Dieter "Didi" Hallervorden fällt da aber offensichtlich aus der Reihe. Der 1935 in Dessau geborene Hundertsassa erweitert im Herbst 2021 seine bereits lange Berufsliste (Kabarettist, Komiker, Theaterleiter, Schauspieler, Synchronsprecher, Moderator) um eine weitere Beschäftigung: Am 5. November erscheint sein Debütalbum "80 Plus" - nun ist er also auch Sänger.
Das ist allerdings nicht sein erster Ausflug in die Welt der Musik. Unter anderem schafft er es 1978 im Duett "Du, Die Wanne Ist Voll" gemeinsam mit Helga Feddersen für kurze Zeit in die deutschen Top fünf. Die Parodie des "Grease"-Hits "You're The One That I Want" ist aber nichts anderes als das: eine Parodie. Ähnlich amüsierend und unernst ist seine Teilnahme bei The Masked Singer 2020. Dort präsentiert er im Chamäleon-Aufzug zwar eher ziemlich schlechte Gesangseinlagen, entwickelt sich aber trotzdem recht schnell zum Publikumsliebling und kommt schließlich bis in das Halbfinale.
Wie man sieht, sind seine musikalischen Ausflüchte bis dato lediglich spaßige Nebenprojekte. Seine Brötchen verdient er mit seiner Hauptbeschäftigung als Kabarettist, Schauspieler und Direktor der Kabarettbühne Die Wühlmäuse, die er 1960 zusammen mit seiner ersten Ehefrau Rotraud Schindler gründet. Denn nachdem seine damaligen Bewerbungen bei der Berliner Kabarettbühne Die Stachelschweine und der Max-Reinhardt-Schauspielschule scheitern, gründet er das bis heute bestehende, erfolgreiche Ensemble. Kultstatus erreicht er aber erst mit seiner 1975 anlaufenden Slapstick-Reihe "Nonstop Nonsense". Da zählen "Die Kuh Elsa", "Palim Palim" und "Telefonrechnung" zu den bekanntesten Sketchen.
Der Kabarettist kann aber auch anders: In Filmen wie "Das Kind" (2012) oder "Honig Im Kopf" (2014) greift er zu wesentlich ernsteren Rollen, die im kompletten Gegensatz zu seinem sonstigen Komiker-Dasein stehen.
Anlässlich seines 80. Geburtstags veröffentlicht er 2015 die Single "Ihr Macht Mir Mut (In Dieser Zeit)" und spendet den Verkaufserlös an die Flüchtlingshilfe. Im April 2016 erscheint seine nächste Single. Er reagiert mit "Erdogan, Zeig Mich An!" auf die Kritik an Böhmermanns Schmähgedicht. Mit Zeilen wie "Ich sing einfach, was du bist / Ein Terrorist / Der auf freien Geist nur scheißt" fasst der Song Erdogan ebenfalls nicht mit Samthandschuhen an.
Hallervorden muss allerdings auch selbst einstecken, wenn es zum Beispiel Ende 2011 um den Blackface-Skandal an seiner Kabarettbühne geht. Für das Stück "Ich Bin Nicht Rappaport" tritt Joachim Bliese als Blackface auf, um die Figur des Midge Carter zu verkörpern.
Im August 2021 macht Hallervorden dann mit seinen kontroversen Äußerungen zum Gendern auf sich aufmerksam. Bei der Vorstellung des Bühnenprogramms 2021/2022 bezeichnet er das Gendern als "Vergewaltigung der deutschen Sprache" und zieht Vergleiche zu Nazi-Deutschland und dem Kommunismus. Es sei in der Vergangenheit zweimal versucht worden, die Sprache von oben herab und unter Druck zu ändern - von den Nazis und von den Kommunisten. Diese Veränderungen seien nur temporär erfolgreich gewesen, solange der Druck von oben da war. "Nur da, wo wir für's Theater was 'rausgeben, im Auftrag des Theaters, da bestimme ich dann doch - möchte ich gerne bei der Sprache bleiben, die ich so liebe und die jahrhundertelang ihren Dienst erwiesen hat", so Hallervorden. Auch auf seinem Debütalbum "80 Plus" widmet er dieser Thematik mit "Gendern" einen ganzen Song.