1. April 2011
"Nicht noch einer von diesen Pennern ..."
Interview geführt von Liane JungSchlagzeuger Taylor Hawkins und Bassist Nate Mendel im Interview über das siebte Foo Fighters-Studioalbum "Wasting Light" und die um Juni erscheinende Band-Doku "Back And Forth".Am 8. April erscheint "Wasting Light", das elf Songs starke neue Foo Fighters-Studioalbum, das komplett analog in der Garage von Frontmann Dave Grohl im kalifornischen San Fernando Valley aufgenommen wurde. Wir treffen Taylor und Nate zum Interview in Berlin.
Ihr habt diesmal einen etwas unkonventionellen Weg gewählt und bewusst auf die Möglichkeit verzichtet, kleine Schnitzer im Nachhinein am Computer auszubügeln. Wie ist die Idee entstanden, bei den Aufnahmen zu eurem siebten Album "Wasting Light" jegliche digitale Unterstützung außen vor zu lassen?
Taylor: Der Gedanke stand schon eine ganze Weile im Raum, aber schlussendlich hat Dave entschieden, das Album auf genau diese Art und Weise aufzunehmen. Wir verinnerlichten diesen Gedanken recht schnell und er wurde zu einem der Grundpfeiler des Albums. Es war wie ein strikter Code an den wir uns alle zu halten hatten.
Computer waren zu keiner Zeit erlaubt. Shifty [Chris Shiftlett] hatte während der Aufnahmen eine großartige Idee: Man müsste sich einfach mal ein klassisches Rock'n'Roll-Album wie "Exile On Main St." zur Brust nehmen und in Pro Tools den Feinschliff nachholen.
Nate: Es wäre sicherlich interessant zu sehen, was dabei rauskommen würde.
Die Wahl des Produzenten fiel auf Butch Vig, unter dessen Regie vor 20 Jahren schon das legendäre Nirvana-Album "Nevermind" entstand. Wie kam er mit dieser Vorgehensweise zurecht?
Nate: Es war nicht einfach, ihn von der Idee zu überzeugen. Er hat sich anfangs sehr schwer damit getan, war letztendlich aber damit einverstanden.
Taylor: Er dachte wahrscheinlich, wir würden mit der Zeit von der Idee ablassen.
Nate: Wahrscheinlich ... Die ersten Wochen waren wirklich ein hartes Stück Arbeit.
Taylor: Hart würde ich nicht gerade sagen, denn Butch ist nicht der Mensch, der sich verbissen ums Recht streitet. Wenn Dave zum Beispiel absolut überzeugt von einem Gesangspart war, dann war Butch der Letzte, der sich ihm in den Weg stellte. Er musste nicht derselben Meinung sein, aber es war absolut in Ordnung für ihn, wenn wir überzeugt von einer Idee waren.
Letztendlich sind wir es, die mit der Platte zufrieden sein sollen. Ein Produzent muss nicht nur musikalisch einiges auf dem Kasten haben, er muss auch ein Gespür für die Beziehungen innerhalb einer Band haben und manchmal sogar als Therapeut fungieren können. Glück für uns, dass wir in Butch jemanden gefunden haben, der am Ende des Hebels saß und einfach nur ja oder nein zu sagen brauchte.
Immer wenn wir für ein Problem keine Lösung fanden, fragten wir Butch, ob er es so oder anders machen würde. Er traf dann eine Entscheidung und die Sache war vom Tisch. Das machte die Dinge oft sehr einfach.
In der im Juni erscheinenden Band-Dokumentation "Back And Forth" sieht es ganz danach aus, als ob die Aufnahmen zu "Wasting Light" ein großer Spaß für euch gewesen sind. Wie habt ihr diese Zeit erlebt?
Taylor: Wir hatten schon immer Spaß daran, Alben aufzunehmen, auch wenn es oft sehr nervenaufreibend und ermüdend sein kann. Ich erinnere mich da zum Beispiel an die Arbeiten zu "In Your Honor", die uns wirklich viel Zeit gekostet haben. Auch bei "Echoes ...", unserem letzten Album, ging mir schon nach der Hälfte der Zeit langsam die Puste aus und ich wollte nur noch raus aus dem Studio.
Aber um es kurz zu fassen, ich war sehr überrascht, wie schnell wir diesmal mit dem Album fertig waren. Ich wollte das Ende der Arbeiten anfangs gar nicht wahr haben, da es uns allen einfach so viel Spaß gemacht hat.
Gab es einen speziellen Moment, in dem ihr realisiert habt, dass dieses Album das wohl härteste Foo Fighters-Album aller Zeiten werden würde?
Taylor: Als Dave es allen erzählte, obwohl wir noch nicht einmal richtig angefangen hatten.
Es war also ein konkreter Plan von Dave?
Nate: Definitiv. Nach diesem Plan wurden die Songs ausgesucht, an denen wir dann final gearbeitet haben.
Was denkt ihr, warum hat sich Dave dazu entschieden, diesmal vorrangig auf Härte zu setzen?
Taylor: Auf "In Your Honor" hatten wir uns bereits akustisch zu Wort gemeldet. Und unser letztes Album war eine Mischung zweier Dynamiken, manchmal sogar in ein und demselben Song, zum Beispiel "Let It Die", das akustisch beginnt und erst dann in die Vollen geht. Es war quasi eine natürliche Reaktion auf unsere bisherige Musik. Wir wollten die Dinge schlichtweg einfacher gestalten. Gitarre, Bass, Drums, Vocals ... und hier und da vielleicht ein paar Keyboards. Aber auf keinen Fall akustische Gitarren.
Für den Song "I Should Have Known" habt ihr euch Krist Novoselic, den ehemaligen Nirvana-Bassisten, ins Boot geholt. Nate, das war sicherlich nicht deine Idee, oder?
Taylor (lacht): Nate war damals total angepisst ...
Tatsächlich Nate? Welche Gedanken gingen dir durch den Kopf, als du davon erfahren hast?
Nate (lacht ebenfalls): "Yeah, verpiss dich" ... Ehrlich gesagt dachte ich, er würde lediglich Akkordeon spielen. Wir brauchen schließlich keinen zweiten Bassisten. Doch letztendlich war es gut so wie es gelaufen ist, denn ich hatte schon eine ganze Weile nach einer Idee für den Song gesucht.
Als ich gerade nicht in der Stadt war, schaute Krist bei Dave vorbei. Später erfuhr ich, dass er ein Bass-Solo für den Song eingespielt hatte. Für mich war das absolut in Ordnung, denn ich hatte mir wie gesagt schon länger die Zähne daran ausgebissen. Jetzt sind wir beide auf dem Ergebnis zu hören. Das hilft dem Song dabei das zu sein, was er ist.
"Als Dave mit QOTSA unterwegs war, brach unsere Band fast auseinander"
Musikvideos haben für die Foo Fighters schon immer eine große Rolle gespielt. Diesmal habt ihr als Erstes einen Clip zum Song "White Limo" gedreht. Wie lange hat es gedauert, Lemmy von Motörhead davon zu überzeugen, ein Teil davon zu sein?Taylor: Wir mussten ihn nicht wirklich überzeugen, es war vielmehr ein Zeitproblem, da Lemmy damals gerade auf Tour war. Wir mussten uns also einen Day Off aussuchen und ihn dann nur noch einfliegen.
Nate: Das Ganze hat verdammt viel Spaß gemacht. Videos können oft ermüdend sein, aber hier waren lediglich Dave und einige wenige andere für den Dreh verantwortlich. Es gab nur einige alte Kameras und keinerlei Regeln. Ich kann mich nicht mal mehr daran erinnern, ob wir überhaupt einen Lichttechniker hatten.
Taylor: Ich glaube nicht.
Nate: Das machte das Ganze um einiges einfacher, da sich niemand darum scherte, ob das Licht auch wirklich im richtigen Winkel steht.
Zurück zur Doku "Back And Forth", die eine Karriere von 16 Jahren widerspiegelt. Welche Gedanken gehen euch durch den Kopf, wenn ihr euch euren eigenen Film anschaut?
Nate: Einige der Aufnahmen scheinen eine Ewigkeit zurück zu liegen. Mir kommt es sogar oft so vor, als ob ich damals ein ganz anderer Mensch war. Ich denke mir dann immer, wer ist eigentlich dieser Typ dort?
Taylor: Dir würde es sicherlich ähnlich gehen, wenn man einen Film über die vergangenen 16 Jahre deines Lebens drehen würde.
Ob das so spannend wäre?
Taylor: Das denke ich wohl. Das Leben von jedem Menschen ist interessant.
Nate: Vor allem, wenn du es in gerade mal anderthalb Stunden verpacken musst.
Taylor: Das fühlt sich wirklich strange an.
Nate: Der Anfang des Films lässt mich immer wieder nachdenklich werden, doch danach kann ich einfach nur entspannt zuschauen und unsere gemeinsamen Erfolge erneut durchleben. Es ist ein unterhaltsames Stück Musikgeschichte, das für mich keinesfalls zu einem melancholischen Horrortrip geworden ist.
Nate, erinnerst du dich noch an die Zeit, in der Taylor zur Band stieß? Ihr wart anfangs nicht die besten Freunde, richtig? Im Film hört man dich nur folgendes sagen: "not another one of these fucking guys".
Nate: Alles was im Film gezeigt wird, sind Szenen, die genau diesen Eindruck vermitteln. Doch diese Zeit hielt nicht lange an und heute stehen Taylor und ich uns sehr nah.
Taylor: Man könnte viele Szenen des Films ausbauen und hätte schnell eine weitere halbe Stunden Material.
Nate: Allerdings die wohl langweiligste halbe Stunde.
Taylor: Ich bevorzuge es, die Dinge weniger dramatisch zu sehen, als sie im Endeffekt im Film dargestellt werden. Es gibt zum Beispiel einen Teil, in dem ich sehr nachdenklich werde und meine Bedenken auch offenkundig mitteile. Als Dave damals gemeinsam mit Queens Of The Stone Age unterwegs war, brach unsere Band daran fast auseinander.
Doch die fünf Minuten, die ich danach mit der passenden Erklärung verbracht habe, sind im finalen Film natürlich nicht zu sehen. Von diesen Erklärungen gab es jede Menge, die später nicht erwähnt wurden, allein aus dramaturgischer Effekthascherei. Aber das ist auch gut so, denn genau aus diesem Grund ist es ein verdammter Film. Es wäre einfach zu langweilig geworden, hätte man alle Lösungen gezeigt.
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