Jay Jay Johanson - " Antenna"

Es gibt ein Gesellschaftsspiel namens Tabu, bei dem man einen Begriff umschreiben muss, ohne fünf verwandte Begriffe zu verwenden. Für "Auto" z.B. wären dann Wörter wie "Lenkrad", "Reifen", "Parkplatz" oder ähnliches Tabu. Zöge man als Begriff Jay Jay Johansons "Antenna" wären "Retro", "80ies Revival", "Elektro", "Pop" und "Melancholie" verboten. Ich war nie sonderlich gut in diesem Spiel.

Während manch einer sich an - zugegebenermaßen leckeren - Acts wie Fischerspooner und etlichen anderen Gigolo Releases, oder gar Chart-Stürmern wie Ladytron oder Zoot Woman schon so übersatt gegessen hat, dass das berühmte Pfefferminzplätzchen zum Dessert unschöne Folgen hätte, kredenzt der Schwede noch ein opulentes Mahl.

Als schwer verdaulich erweisen sich unter diesem Gesichtspunkt der Opener "On The Radio" und das klebrig-süße "Deja Vu". Doch selbst das von dem ehrenwerten Rosenheimer Duo Funkstörung produzierte "Automatic Lover" liegt schwer im Magen.

Die Stärken von "Antenna" liegt in Jay Jays zerbrechlichem und gleichzeitig glasklarem Gesang, der - in schwermütigen Balladen eingesetzt- einen geradezu verzaubernden Effekt hat. Und zwar immer dann, wenn "Antenna" klingt, wie seine Vorgänger auch schon geklungen haben: traurig. Kein Disco, nichts Tanzbares braucht Johansons Musik. Sagt er doch von sich selbst, wenn er richtig glücklich sei, könne er nicht kreativ sein. Das hört man auch - sonderlich innovativ muten die fröhlichen Stücke nicht an.

Also läuft der 32-Jährige beim melodramatischen Trip Hop-Hit "Cookie" zu Höchstform auf. "1984" (übrigens das prägende Jahr, in dem der Sohn eines Jazzkonzert-Veranstalters erstmals seinen Helden Chet Baker live sah) ist der andere mit Schmerz geschliffene Diamant des Albums. Wenn es in "Tomorrow" dann heißt "tomorrow i will try to be more positve, all the troubles that's been hurting me will hopefully be gone" dann ertappt man sich beschämt bei dem Gedanken: bitte nicht!. Johansons Musik wäre es augenscheinlich jedenfalls nicht sehr zuträglich.

Die Runde geht ohne Tabubruch an mich, nächste Karte, bitte.