laut.de-Biographie
Kimono
Die Vorzeichen könnten kaum eindeutiger sein. Sämtliche Eckpunkte in der Bandgeschichte erlauben Rückschlüsse auf den Musikstil. Man teilt sich die Plattenfirma mit Avantgardekünstlern wie Björk, Sigur Rós und Minus. Besingt mit erhobenem Zeigefinger kaputte Familien, Magersucht und das Hegemonialstreben der USA. Stiehlt "reichlich, aber niemals offensichtlich" aus dem Topf der Wegbereiter. Schublade auf: Experimentelles aus Island. Schublade zu.
Andererseits gehört das ambitionierte Artrock-Quartett keiner wie auch immer gearteten lokalen Szene an, erzählt nicht von Gletschern oder Elfen und besitzt gänzlich andere Inspirationsquellen: Can, dEUS, Joy Division und Sonic Youth geben hier den Ton an. Überhaupt nehmen Sänger/Gitarrist Alex MacNeil, Drummer Kjartan Bragi Bjarnason, Bassman Halldór Örn Ragnarsson und Gitarrist Gylfi Blöndal das Klischeedenken mit Humor – und sich selbst am liebsten auf die Schippe, wie der Pressetext zum zweiten Album beweist.
Dank Fünf-Sterne-Reviews in isländischen Zeitungen sei ihr Ego auf XXL-Format angewachsen, steht dort geschrieben. Ganz Europa möchten die 2001 gegründeten "übergebildeten Gitarrengeeks" mit jenem Selbstvertrauen überfluten. Und nebenher noch dem Rock seine wahre Bedeutung zurückgeben. Den Grundstein auf dem Weg zum (augenzwinkernd) anvisierten Durchbruch legt das 2003 veröffentlichte Debüt "Mineur-Aggressif". Bis in die Sparten deutscher Magazine reicht die positive Resonanz.
Anschließend bereist die aus der Urband Kaktus hervorgegangene Gruppe die Ostküste der USA. Auf der Bühne wissen Kimono mit straffsitzenden Setlisten umzugehen, improvisieren aber auch gerne und ausführlich. Als in Island das Maximum an Reichweite erreicht ist und auf den Konzerten in Reykjavík die immergleichen Gesichter auftauchen, verordnet sich die Formation einen Tapetenwechsel. Bevor sie aber 2005 den 300.000-Seelen-Fleck auf der Weltkarte verlassen und nach Berlin ziehen, spielen Kimono in ihrem Studio noch den zweiten Langspieler ein.
Im Zuge des Wechsels in die Hauptstadt ergattert die Band dann einen Vertriebsdeal mit Rough Trade, die "Arctic Death Ship" im Februar 2006, ein halbes Jahr nach dem Heimatrelease, in die deutschen Läden stellen. Und wieder springen die vier von Schublade zu Schublade, von Kraut-, über Noise- zu Postrock. Das Klischee Island scheint dank Kimono ambivalenter denn je.
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