Details

Mit:
Datum: 17. Mai 2004
Location: Gebäude 9
Deutz-Mülheimer-Straße 127-129
51063 Köln
Website: Offizielle Homepage des Veranstaltungsorts
Alle Termine ohne Gewähr

Review

laut.de-Kritik

Liars plus Blood Brothers: Härter, lauter, gröl!

Review von Jasmin Lütz

Ich erinnere mich an eine Werbung, deren Inhalt sich um den alltäglichen Straßenlärm drehte und die Message war: zuviel Krach macht krank, oder so ähnlich. Danach sah man ein Ohr langsam auf sich zukommen und aus dem tropfte Blut. Grusel. Daran musste ich denken, als ich die Blood Brothers im Vorprogramm der Liars lärmen sah. "Verkrachen sie sich nicht ihr Leben". Ich frage mich weiter, was für Halsschmerzen die Jungs nach jedem Konzert wohl haben müssen, wenn sie ihre schmerzenden Hits von Alben wie "Burn Piano Island, Burn" in die Menge schreien.

Der Hypochonder und Schmerzempfindliche sollte bei derartiger Punkrock-Akrobatik auf jeden Fall zu Hause bleiben oder ein paar Oropax einstecken oder wenigstens Tempo-Taschentücher stets Griff bereit haben. Aber genug der medizinischen Betrachtungsweise und unnötiger Schleichwerbung. Punkrock hurray und volle Lautstärke gehört nun mal zu einem echten Hardrocker dazu. Auch an diesem Abend im Gebäude 9. Die fünf Blutsbrüder aus Seattle sind bekannt für ihre aggressive Bühnenshow. Vom Aussehen her könnte man meinen, sie seien gerade frisch aus der "School of Hardcore" entlassen worden. Blutjung und schon so energisch. Die Musik bleibt dabei eher eingängig. Hauptsache die Halsschlagader steht kurz vorm Platzen. Härter, lauter, gröl! Es gibt nur zwei Möglichkeiten, derartige Shows zu ertragen: Entweder man lässt sich mitreißen und versucht, mit erhobenen Fäusten und Pogo ähnlichen Tanzschritten gegen die Donnerschläge anzuschreien, oder man geht einfach nach dem vierten Song heim, da man weiß, dass eh nichts mehr passiert. An diesem Abend war mir eher nach letzterem zumute, also ging ich raus und machte meine Fäuste mit dem nächstbesten Gegenstand bekannt. Ich wusste ja, das Ding kann sich nicht wehren. Huar!

Derartige Wutausbrüche sind wohl vorprogrammiert. Dennoch sind die jungen Bengel für keinen Schul-Amok dieser Welt verantwortlich. Sie treten lieber in die Fußstapfen großer Krach-Revoluzzer und sorgen für tüchtige Schweißausbrüche während ihrer bewegungsreichen Hardcore-Show. Fast schon wie Lämmer fallen einem dann zunächst die Liars in den Schoß. Doch ein Schaf ist das Wesen am Mikro nicht wirklich. Eher ein Psychopath auf der Flucht mit mutierten Gorillahänden und scheinbar kopflosem Körper. Wo ist das Gesicht? (Too many trees in the forest). Der New Yorker Lügendetektor zeigt sich anfangs etwas ungewöhnlich. So brauche ich mindestens vier Songs, um mich in der Welt des überschrägen Rock'n'Roll wohl zu fühlen. Liars sind auf ihre Art dreckiger und lauter, aber dennoch höflich und galant zu ihrem Publikum. Gut, einige böse Statements bekommt man von Frontmann Angus Andrew schon zu hören, aber immer mit der richtigen Portion Humor. Falls man sein Genöle überhaupt versteht.

Mit einer kleinen elektronischen Hilfe sampelt er sich selbst oder verursacht andere schrecklich laute Töne, die den ganzen Saal betören. Die Schlagzeug-Maschine (man trägt wieder Schnauzbart und Tarzan-Leoparden-Kutte) legt ein bombastisches Set hin, dass man schon beim Zugucken ins Schwitzen gerät. Der dritte Jüngling im Bunde, Aaron Hemphill, wechselt ständig die Instrumente. Mal lässt er die Saiteninstrumente krachen oder legt eine beeindruckende Trommel-Performance hin. Neben gelungenen Rock'n'Roll-Hymnen reihen sich viele abstrakte, nichtssagende Ping Pong-Songs ins Set ein und da denkt man schon, hmm, was will der Autor uns damit sagen? Das letzte Album "They Were Wrong, So We Drowned" kann man auch nicht wirklich als Meisterleistung ansehen. Mal wieder ein überhypter Hype! Alles in allem eine durchgeknallte Punk-Elektronik-Mischung, die den Urwald der Gefühle zerbersten lässt und den Weg zur nächsten Klapsmühle weist. Eine musikalische Abhandlung von "Einer flog übers Kuckucksnest". Mal was anderes, aber nicht für jeden Tag.

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Artistinfo

LAUT.DE-PORTRÄT Liars

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