laut.de-Biographie
Lightning Bolt
Mitte der 90er Jahre in Rhode Island, dem kleinsten Bundesstaat der USA: Brian Chippendale mietet sich in der Hauptstadt Providence mit ein paar befreundeten Musikern und Comiczeichnern das verlassene Lagerhaus im Obergeschoss einer Textilfabrik aus der Bürgerkriegszeit.
Aus dem kreativen Miteinander entsteht in Windeseile ein rege Untergrund-Szene mit Konzerten, Kunst-Happenings und sogar Wrestlingwettkämpfen. "Fort Thunder" wird der Ort ehrfürchtig genannt, bis das Gebäude 2001 abgerissen wird und an seiner Stelle ein Einkaufszentrum entsteht.
Aus der Szene gehen nicht nur die Avantgarde-Noise-Elektroniker Black Dice hervor, sondern auch Lightning Bolt (dt. Blitzschlag), die Pressluft-Schlagzeuger und Shouter Chippendale und dem Bassist-Virtuosen Brian Gibson 1995 gründen.
Das Duo spielt – wie in Fort Thunder üblich – nicht auf einer erhöhten Bühne, sondern inmitten der Zuschauerreihen und erarbeitet sich mit wüst verzerrtem Noise, Wrestling- oder Skimasken und im Mund festgeklebten Mikrofon schnell den Ruf einer brutal intensiven Live-Band, die vom Japan-Core der Boredoms oder Melt Banana, aber auch von schmerzfreiem Trash-Metal à la Slayer beeinflusst ist.
Allerlei Effektgeräte auf Stimme und Gibsons Bass, der zudem tief wie ein Cello gestimmt ist und eine schwingende Banjo-Saite aufgezogen hat, sorgen aber für einen aggressiv hochgepitchten, hypnotischen Hächsler-Sound. Mit ihrem zweiten Album "Ride The Skies" erlangen Lightning Bolt 2001 erstmals szeneübergreifende Aufmerksamkeit: "Sie haben ein Hardrock-Album kreiert, rund um einen Bass, der einem nicht auf den Sack geht", schreibt Pitchfork beeindruckt.
Die eigentliche Attraktion bleiben allerdings die immer mehr ausartenden Konzerte und Guerilla-Gigs in Küchen und auf Parkplätzen, auf denen starke Jungs in den ersten Reihen verhindern müssen, dass die ohnehin überhitzte Band vom Mosh-Pit erdrückt wird.
Auch die danach erscheinenden Alben, unter denen insbesondere "Hypermagic Mountain" aus dem Jahr 2005 von der alternativen Musikpresse gefeiert wird, ziehen ihre enorme Kraft aus den beschränkten Mitteln von Schlagzeug und Bass.
Dieses Schauspiel wollen sich auch die Musiker von Sonic Youth nicht entgehen lassen und besuchen eines der Konzerte von Lightning Bolt. Das einzige, was sie gesehen haben, sind die Hinterköpfe der Fans in den vorderen Reihen. Erst 2009 beim Primaverasound in Barcelona steht das Duo angeblich erstmals auf einer Bühne.
Das Einkaufszentrum im ehemaligen Fort Thunder existiert zu diesem Zeitpunkt bereits nicht mehr. Es wollte einfach niemand dort einkaufen.
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