29. Juni 2021

"Cover sind wie Prä-Internet Memes"

Interview geführt von

Im Zoom-Interview spricht die US-Amerikanerin über seltsame Hobbys, die veränderte Bedeutung alter Songs und sucht nach einer komfortablen Sitzposition auf ihrem Boden.

Anfang Mai unternehmen die USA erste substanzielle Schritte, das Land wieder zu öffnen. Das Ende der Pandemie ist in Sicht und mit ihm auch das dritte Album von Lucy Dacus, "Home Video". Schon seit einiger Zeit vollständig geimpft, blickt die Sängerin im Gespräch voller Vorfreude in die Zukunft und auf das letzte Jahr zurück. Von notentreuen Coverversionen von Phil Collins-Songs und der Kraft persönlicher Songs geht es zu ihrem Wegzug aus ihrer Heimatstadt und ihrer Rolle als Vorbild ...

Hallo Lucy, danke dass du dir Zeit für mich genommen hast.

Gerne.

Wie geht's dir?

Mir geht's gut. Der Tag fängt gerade erst an und so weit ist alles gut.

Die Welt öffnet sich so langsam wieder. Wie gehst du damit um?

Es fühlt sich etwas beängstigend an. Aber auch sehr erfüllend. Meine Mitbewohner*innen und ich sind seit einiger Zeit vollständig geimpft. Vieler unserer Freund*innen hier auch. Am Sonntag hatten wir unsere erste Party im Hinterhof für meinen Geburtstag.

Alles Gute nachträglich!

Danke. Alle dort haben sich zum ersten Mal seit langem wiedergesehen. Davor hatten wir alle untereinander abgeklärt, ob wir uns damit sicher fühlen. Jetzt hoffen wir einfach, dass die Impfungen wirken. Insgesamt fühle ich mich vorsichtig optimistisch.

Das klingt wunderbar. Ich fühle gerade einfach nur Impfneid, eine Party mit Freund*innen scheint sehr weit weg ...

Das wird kommen. Ich hoffe, bald.

Seit deinem Debütalbum "No Burden" hast du einen meteorischen Aufstieg hingelegt. Von außen scheint es, als würde es immer weiter nach oben und nach vorne gehen. Jetzt hattest du mehr als ein Jahr lang Zeit, darüber nachzudenken. Wie war das für dich?

Es hat mir wirklich gefallen. Es hat mir gezeigt, dass ich all das nicht brauche, um glücklich zu sein, aber es macht mich glücklich. Ich bin so glücklich, dass es ein Teil meines Lebens ist, aber das Leben geht auch ohne weiter. Menschen sind generell so anpassungsfähig, ich halt auch. Das war eine supernützliche Erkenntnis. Jetzt freue ich mich einfach, wieder live zu spielen. In einem schwitzigen Raum mit anderen Leuten zu sein.

Wie hast du dich an die Pandemie angepasst? Hast du ein seltsames neues Hobby gefunden?

Jedes Mal, wenn ich eine depressive Phase hatte, habe ich ein neues Hobby angefangen. Wie vielleicht alle. Das erste war Häkeln, das zweite Kayaking. Das dritte waren dann Wasserfarben. Sonst noch? Trash TV. Ich habe alle Staffeln "Survivor" geschaut. Ich weiß nicht, wie groß die Show in Deutschland ist. Ich habe alle 40 Staffeln geschaut. Vor kurzem habe ich mit Tennis angefangen. Insgesamt also sehr viele neue Hobbys. Ich weiß nicht, wie viele davon hängenbleiben, wenn ich wieder beschäftigt bin. Aber allgemein fange ich gerne alle paar Monate ein neues Hobby an.

Du hast auch vor kurzem gepostet, dass der Moment der, sagen wir Schöpfung, von "Night Shift" fünf Jahre her ist. Gleichzeitig gibt es in dem Song eine zentrale Zeile, dass du hoffst, die Songs würden sich in fünf Jahren wie Cover anfühlen. Wie fühlst du dich jetzt damit?

Ich glaube, der Song bedeutet etwas für so viele Leute. Wenn ich ihn singe, fühle ich mich, als würde ich ihren Song singen. Es geht genau so um diese Leute wie um mich. Das ist ein tolles Gefühl und auch kathartisch für mich. Wie diese Gefühle einst waren, super intensiv und wie diese Gefühle jetzt geteilt werden. Es hat sich wie ein wirklich großer Tag angefühlt. Ich führe jedes Jahr einen Kaldender und habe immer reingeschrieben: 'Ein Jahr seit der Trennung, zwei Jahre' und so weiter für die letzten fünf Jahre. Als ich das dann gesehen habe, hat sich das wie ein Meilenstein angefühlt. Ich musste einfach was dazu sagen.

Das mit den Cover ist eine tolle Überleitung. Die letzten Jahre über hast du so einige Songs gecovert. Was macht ein gutes Cover aus?

Ich glaube, ein gutes Cover kann in allen Formen kommen. Ein Note-für-Note-Cover ist vielleicht nicht das interessanteste, aber erweist dem Song am besten Ehre. Unser "In The Air Tonight"-Cover, zum Beispiel, ist so nah am Original wie möglich. Das war schön, im Studio herauszufinden, wie bestimmte Sounds erzeugt wurden. "La Vie En Rose" hingegen ist ein Jazz-Standard. Als wir den in diesen Upbeat-Rock-Kontext übertragen haben, haben wir einfach nur gezeigt, wie gut der Song an sich ist. Ich mag es generell, Songs zu covern, die schon oft gecovert wurden, denn da gibt es offensichtlich etwas, das die Leute anspricht. Diese ganze Idee, Teil der Geschichte des Songs zu sein, spricht mich an.

Du hast gerade darüber gesprochen, dass du herausfinden willst, wie ein Song geschrieben wurde. Hast du davon etwas für dein eigenes Songwriting mitgenommen?

Vielleicht, dass jeder Teil des Songs für sich alleine funktionieren soll. Wenn es nur solo auf der Gitarre ist. Oder wenn es ein großes Bandarrangement gibt. Er soll aber auch ohne die ganze Band funktionieren. Das macht das neue Album ganz gut. Auf "Historian" gibt es ein paar Songs, die ohne die Band nicht kicken. Die brauchen Schlagzeug, Bass und Distortion. Die Songs auf "Home Video" kann ich alle alleine spielen, und sie machen immer noch Spaß.

Das sind fantastische Nachrichten für Typen wie mich, die nur "Wonderwall" auf der Gitarre spielen ...

Was ist das Ding mit "Wonderwall", vor allem in Europa? Überall wo ich hingehe, höre ich "Wonderwall". Der Song wird so viel gecovert, dass es sich anfühlt, als gäbe es etwas über seinen Ursprung hinaus.

Das Gefühl habe ich auch bei dem Song. Manchmal erkennen Leute den Originalsong nicht, aber jeder Mann mit Schnauzer und Gitarre kann "Wonderwall" spielen.

(lacht) Genau.

Auf deinem neuen Album geht es viel um Heranwachsen. Diesen Gedanken habe ich auch auf "Troublemaker Doppelgänger" gefunden. Dieses Verlieren der Unschuld. Es klingt nie nach einem unschuldigen Song, sondern sehr weise. Wann war für dich dieser Moment, in dem du das Gefühl hattest: 'Die Kindheit ist vorbei und mit ihr auch die Unschuld.'

Das ist lustig, dass du Unschuld und Weisheit als zwei separate Dinge konzipierst. Ich glaube, dass in Unschuld sehr viel Weisheit ist, die man irgendwann verliert. Ich glaube aber auch, dass man zu dieser Unschuld im Laufe des Lebens wieder zurückkehren kann. Egal wie viel du weißt, Unschuld ist immer ein Teil von dir, den du dir bewahren kannst ... Wie war nochmal die Frage?

In welchem Moment hattest du das Gefühl, dass deine Kindheit vorbei ist?

Da gibt es ein paar Momente. Die Scheidung meiner Eltern zum Beispiel. Da hatte ich das Gefühl, dass ich kein Kind mehr bin. Auf einmal habe ich angefangen, mich um die beiden zu kümmern, irgendwie. Ich kann mich auch wirklich nicht beschweren. Ich habe gute Beziehungen zu beiden und die Eltern vieler Leute trennen sich. In letzter Zeit habe ich auch angefangen, meine alten Tagebücher wiederzulesen, zum ersten Mal. Mich jetzt hinzusetzen und darüber zu reflektieren, zurückzublicken und mich damit auseinanderzusetzen, was ich damals geschrieben habe. Da hatte ich ein echtes Gefühl von wegen: 'Ja, es ist vorbei.' So unter dem Motto 'Ich habe dieses Buch geschrieben und jetzt lese ich es.' Es hat sich nicht so angefühlt, als wäre ich dieselbe Person. Wenn ich es lese, bin ich nicht mehr die Autorin, sondern die Leserin, eine andere Person.

"Ich schulde einigen Leuten eine Unterhaltung"

Das erinnert ich an ein Zitat von dir im Promotext. Du meintest, du könntest dich nicht mehr hinter Fiktion und Generalisierungen verstecken. Ich habe das Gefühl, dass diese Sachen miteinander verbunden sind ...

Meine früheren Songs waren sehr in meinem eigenen Leben verwurzelt. Dann habe ich angefangen, mehr generalisierte Songs zu schreiben, damit sich mehr Leute damit identifizieren können, und auch um niemanden aus meinem Leben zu verschrecken. Jetzt hingegen denke ich, dass es eigentlich egal ist. Wenn man über sehr persönliche Dinge singt, identifizieren sich die Leute weiterhin damit. Sie müssen sich damit aber auch nicht identifizieren, damit es ein guter Song ist. Die neuen Songs sind einfach wahr. Ich hätte auch lügen können und behaupten 'Ja, das ist alles ausgedacht, es geht nicht um mich selbst.' Aber ich habe mich entschieden, ehrlich zu sein und zu sagen 'ja, das bin ich.' Ich habe vielleicht nicht immer Recht, aber ich musste es so machen.

Hat das eine Verbindung zu deinem Umzug aus Richmond nach Philadelphia? Dass du diese Leute nicht mehr jeden Tag siehst und dir keine Sorgen machen musst, sie zu treffen und über deine Songs sprechen zu müssen?

Ja, ich fühle mich als würde ich mich zurückziehen. Ich mache mir immer noch Sorgen, dass mich einige Leute anrufen, wenn das Album rauskommt. Sie verlangen dann eine Unterhaltung und ich muss mich entscheiden, ob ich diese Unterhaltung haben will. Dann gibt es noch ein paar Leute, denen ich den Song senden werde, bevor das Album erscheint, um ihnen zu sagen, 'Hey, wir müssen darüber noch reden.' Dann gibt es noch Freund*innen, mit denen ich regelmäßig spreche. Zum Beispiel die Freundin, über die "Christine" ist und die Person hinter "Thumbs". Die haben die Songs schon gehört, und wir haben darüber gesprochen. Ich habe sie auch nach ihrer Erlaubnis gefragt, die Songs aufzunehmen und auf das Album zu packen. Dankbarerweise haben sie mir die Erlaubnis gegeben, was ziemlich cool ist.

War das Album schon fertig, bevor du nach Philadelphia gezogen bist?

Ja, aber es war noch nicht vollständig aufgenommen. Ein paar kleine Dinge haben noch gefehlt. Hauptsächlich haben wir das Album im Sommer 2019 aufgenommen, als ich noch in Richmond gelebt habe. Das Mixing hat dann hier stattgefunden, natürlich via Internet. Aber weder Aufnehmen noch Schreiben ist hier geschehen.

Hat sich die Bedeutung der Songs für dich verändert nach dem Umzug?

Ich glaube die meisten sind dieselben geblieben, weil sie so spezifisch sind. Der einzige, für den ich wirklich lange gebraucht habe, um ihn zu verstehen, war "Cartwheel". Es war einer der ersten Songs, die ich geschrieben habe. Ich dachte sofort 'Das ist ein cooler Song', aber ich wusste nicht, wie er zu meinem Leben passt. Später, ungefähr Anfang 2020, habe ich dann verstanden, dass es um diese eine Freundschaft geht.

Wie hat es sich angefühlt, diese Songs fertig zu haben und sie erst nach einiger Zeit zu veröffentlichen, ohne dich ablenken zu können?

Es hat sich angefühlt, als würden sie nicht existieren, und auf eine Weise haben sie auch nicht existiert. Ich meine, sie waren aufgenommen, aber niemand hat sie gehört, auch ich nicht. Das war weder gut noch schlecht. So viel des Ziels hinter dem Schreiben eines Songs ist abgeschlossen, sobald er fertiggestellt ist. Klar zeige ich meine Musik gerne anderen Leuten, und es macht mich echt glücklich, wenn sie gehört werden. Aber ich persönlich bin schon zufrieden, bevor die Songs erscheinen.

Bei "Partner In Crime" hast du ja zum ersten Mal auf einem Album Stimmmodulation verwendet. Wie hilft das dem Song, deiner Meinung nach?

An dem Tag klang ich einfach scheiße. Deswegen haben wir einfach Autotune über meine Stimme gelegt Eigentlich wollten wir das dann später nochmal aufnehmen. Bevor wir das Album im August aufgenommen haben, hatte ich den ganzen Juli über eine Stimmverletzung. Also war ich jeden Tag bis um 15 Uhr komplett ruhig, habe bis um 17 Uhr gesungen und war dann wieder ruhig. Also zwei Stunden Lärm am Tag und die sind dann auf dem Album gelandet. Wir dachten eigentlich, dass wir alles nochmal aufnehmen müssten. Aber hey, es klingt doch ganz gut! Ich fand es einfach super, und Autotune hat so gut zum Thema des Songs gepasst. Es geht ja darum, mich zu verstellen, damit mich die andere Person mag. Genau das macht Autotune. Deshalb mag ich den Songs so sehr und er klingt auch ganz anders als das restliche Album.

Es fühlt sich auch ähnlich wie "Night Shift" an, es klingt wie ein ähnliches Setting ...

Es geht nicht um dieselbe Person, so viel kann ich sagen. Die Person um die es in "Night Shift" geht, hat nur einen Song verdient. "Partner In Crime" kommt aber aus einer ähnlichen Zeit. Ich würde es also nicht zwingend ein Sequel nennen, ich hör es mir aber bestimmt nochmal an. Deine Interpretation ist da genauso valide wie meine. Das ist das Schöne an Musik. Deine Interpretation ist genauso wichtig wie meine.

Ich glaube nicht, dass es direkt politisch ist. Ich kann aber auch verstehen, was du meinst. Die Charaktere über die ich schreibe, ich wollte verstehen, welche Momente sie und mich geprägt haben. Ich wollte nachverfolgen, was ihnen passiert ist und wie sie das geformt hat. Wenn ihnen also dies passiert ist, sind sie jetzt jene Person geworden. Dahinter steck viel, was wir durch Kultur gelernt haben, von unseren Eltern und Religion. Auch was man über Queerness lernt und wie Liebe aussehen soll. So, ja, ich glaube der politische Aspekt ist eine interessante Meinung.

"'Home Video' hat mehr Spaß gemacht als 'Historian'"

Du bist ja bei Matador unter Vertrag, diesem riesigen Legacy-Label für Indie-Musik. Während der Anfangsphase deiner Karriere ging es in der Berichterstattung vor allem darum, dass du an der Front einer Revolution von weiblichen Stimmen im Indie bist. Wie gehst du damit um? Fühlst du da eine Art von Druck oder Verantwortung?

Ich wollte eigentlich nein sagen, aber ich glaube die Antwort ist ja. Ich fühle keinen Druck, wenn es um die Musik geht, die ich mache. Da gibt es wirklich keinen Einfluss von irgendjemandem. Da geht es nur um mich. Aber wenn es um die Presse geht oder meine Rolle als Vorbild, sieht es anders aus. Einige Leute glauben, dass ich ein gutes Vorbild bin, und ich finde das wirklich nett. Aber ich glaube nicht, dass irgendjemand ein gutes Vorbild sein muss. Es ist ein viel größeres Thema. Zum Beispiel, wenn ich ein Nacktphotoshooting machen will oder etwas ähnliches, macht mich das nicht zu einem schlechteren Vorbild. Aber da sagen die Leute, 'Oh, du solltest ein besseres Vorbild sein.' Damit meinen sie eigentlich nur, dass ich mich mehr an traditionelle Geschlechterrollen für junge Leute halten sollte. Ich glaube, dass jede*r ein gutes Vorbild sein kann. Vorbild ist so ein weiter Begriff. Da fühle ich schon ein bisschen Verantwortung.

Ich glaube auch, dass ich dankbar bin für die frühen Interviews, die sich vor allem um Geschlecht gedreht haben. Einfach, weil sie mir den Raum gegeben haben, über meine Musik zu reden. Aber es ist so ein langweiliges Thema. Ich denke nicht viel über 'Womanhood' nach, sondern 'Girlhood'. Ich habe nicht das Gefühl, dass Geschlecht eine wichtige Kategorie für mich ist. Es ist so kompliziert, weil ich gleichzeitig zustimme. Wenn ein Festival ein Line-Up veröffentlicht, und es sind nur weiße Männer, denke ich, dass sie etwas Besseres hätten machen können. Auch anderen Personen den Raum geben. Aber natürlich hat die Musik mehr Bedeutung, als nur 'Eine Frau hat das geschrieben.'

Da stimme ich dir vollkommen zu. Du meintest in einem Interview, dass du "Historian" schon vor "No Burden" geschrieben hattest. Das war das Album, das du veröffentlichen musstest, alles danach ist ein Bonus. Wie fühlst sich jetzt die Bonusphase deiner Karriere an?

Es macht deutlich mehr Spaß! "Historian" habe ich so ernstgenommen, weil es die erste Sache war, bei der ich wusste, dass Leute es hören werden. Ich wollte, dass sie verstehen, wo ich herkomme und was meine grundlegenden Überzeugungen sind. Erst danach konnte ich über mich selbst reden. Deshalb habe ich gesagt, dass es genereller war. Es geht um Verlust, Identität, das Nachleben und sich selbst zu formen. Es ist abstrakter. Jetzt, wo die Leute all das gehört haben, fühle ich mich wohler, Geschichten zu erzählen. Deshalb war "Home Video" ein deutlich unterhaltsamer Prozess als "Historian".

"Brando" fühlt sich ähnlich an wie dein fantastisches "Last Christmas"-Cover. Es klingt einfach so upbeat, fröhlicher als deine bisherigen Songs, auch wenn das Thema nicht so spaßig klingt ...

Ah, die klassische Frage. Wie glücklich kann ich sein? Ich liebe es, dass viele Leute den Songs lieben, weil er so tanzbar ist. Im Studio habe ich manchmal bemerkt, wie Leute im Studio getanzt haben. Da habe ich gemerkt, dass der Song wirklich funktioniert. Es bringt tatsächlich die Leute, die daran arbeiten, zum Tanzen. Aber natürlich ist es nicht unkompliziert. Es geht um einen Freund, der aus mir eine Szenenpartnerin für sich kreieren wollte. In der High School hat er so getan, als würde er mich lieben und sich um mich sorgen. Aber eigentlich hat er sich nur darum gesorgt, die perfekte Freundin für ihn zu erschaffen, damit er in einer idealisierten Version seiner Selbst leben konnte. Es ging nie um mich. Der Song ist ein bisschen frech, aber ich hätte auch einen super frustrierenden Song darüber schreiben können.

Was hingegen nicht frustrierend ist, ist dein Cover von "Dancing In The Dark", das du an Springsteens Geburtstag veröffentlicht hast. Ich nehme also an, dass du Springsteen Fan bist?

Mein Vater ist ein gigantischer Bruce Springsteen-Fan, ich wurde also so erzogen. Ich habe ihn mein gesamtes Leben gehört. Ich hatte einfache keine andere Wahl, als Springsteen-Fan zu sein.

Was ist dein Lieblings-Springsteen Album?

Wahrscheinlich "Nebraska", weil es so anders als der Rest ist. Es zeigt einfach, wie gut sein Songwriting ist, weil es so spärlich ist. Er braucht noch nicht mal eine große Produktion, er hat einfach Starpower, die man nicht leugnen kann. Deshalb ist es mein Lieblingsalbum, aber ich habe so einige Lieblingssongs aus der ganzen Diskographie. "Jungleland" ist so ein fantastischer Song, einfach ein Meisterwerk.

Wer mag "Jungleland" bitte nicht?

Aber echt.

Welchen Song willst du als nächstes covern?

Ich hab tatsächlich gerade einen neuen Song gecovert aber darüber darf ich noch nicht reden. Ich will schon seit langem "Just Like Heaven" von The Cure covern, der Song ist einfach so wichtig für mich. Aber dann habe ich mitbekommen, dass mein Freund Christian Lee Hudson (Kollaborateur von Boygenius, Anm. d. Red.) den Song gecovert hat. Es ist, wie "Wonderwall", einer dieser Songs, die Leute einfach immer wieder covern, so dass es zu einer eigenständigen Sache wird. Das ist eine ganz interessante anthropologische Kraft, quasi Prä-Internet-Memes. Die Idee eines Memes ist, dass die Idee selbst ein eigenes Leben hat. Diese Songs haben diese Lebenskraft und ich glaube, dass "Just Like Heaven" dazugehört. Wahrscheinlich werde ich ihn nicht covern, zumindest nicht in naher Zukunft. Aber ich liebe halt The Cure, also vielleicht eines Tages.

Ich habe noch eine Frage, die ich auch schon Julien Baker vor drei Monaten gestellt habe und keine Antwort bekommen habe: Gibt es neue Pläne für Boygenius?

Es gibt keine Pläne. Aber wir sprechen die ganze Zeit und es gibt wahrscheinlich keine größeren Boygeniusfans als Julien, Phoebe und mich. Ich bin mir sicher, dass wir alle etwas machen wollen. Aber wir sind eben auch beschäftigt. Wahrscheinlich wird es so sein, dass wir merken, dass wir eine Möglichkeit haben. Dann machen wir einfach etwas draus. Davor muss aber erstmal der Blitz einschlagen.

Dann vielen Dank für das Interview. Es war mir ein Vergnügen, mit dir zu reden.

Danke fürs Album hören!

Einen schönen Tag noch, was immer jetzt noch für dich ansteht.

Wahrscheinlich Frühstück.

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