Details

Mit:
Datum: 11. Juli 2003
Location: Kantine
Neusser Landstraße 2
50735 Köln
Website: Offizielle Homepage des Veranstaltungsorts
Alle Termine ohne Gewähr

Review

laut.de-Kritik

Große Noiserock-Show mit den Heroen Mike Patton und King Buzzo.

Review von Martin Mengele

Normalerweise finden in der Kantine Discoabende für die Klientel ab 30 statt. Das Melvins-Tomahawk-Doublefeature geriet zu einer ähnlichen Veranstaltung, denn die Melvins rekrutieren bekanntlich noch viele Anhänger aus ihrer Prä-Grunge-Zeit. Als King Buzzo die Bühne betritt, überkommt mich ein überaus heiteres Gefühl, so als ob ich bei einem Klassentreffen alte Schulkameraden wieder treffe. Nach all den Jahren (es müssen mindestens 5 gewesen sein) trägt dieser Mann immer noch die selbe exzentrische Starkstrom-Matte. Glücklicherweise hat sich im Pogramm der Melvins auch nicht viel geändert. Sie spielen immer noch die alten Klassiker aus ihren Scheiben "Houdini", "Stoner Witch" oder "Stag". Leider gingen die psychedelischen Kracher und Freakouts zugunsten ihrer Hits flöten. Die Melvins gehören eben ins Hauptprogramm.

Die 50 cm schmale Absperrung vor der Mini-Bühne begann hin und her zu wogen, als Tomahawk ins Rampenlicht traten. Sie drohte in Richtung Bühne umzukippen und mich kurzerhand in den Rollstuhl zu befördern. Zwei mutige und gleichfalls bullige Securitys stemmten sich mit aller Gewalt gegen die tobende Menge. Ein paar durchgeknallte Crowdsurfer wagten es, sich über die Köpfe hinwegzurollen, was in dieser Atmosphäre einem Selbstmordkommando gleichkam. Dazu sprach das Thermometer von ungefähr 50 Grad netto, Sauerstoffgehalt der Luft plusminus null Prozent. Mindestens drei gestandene Rockfans mussten ohnmächtig von der Sichterheitscrew rausgetragen werden. Warum in dieser Suppenküche kein Fenster geöffnet wurde, weiß der Herr allein und kann als grob fahrlässig gelten. Was sich die Veranstalter bei dieser Club-Buchung gedacht haben ebenso!

Vor Jahren, als sich Faith No More aufgelöst hatten, ging das Gerücht, Mike Patton habe sich im Umland von Los Angeles eine leerstehende Fabrikhalle zugelegt, um sich dorthin zum "Schreien" zurückziehen zu können. Dass er ein Spinner vor dem Herrn ist, war also schon damals bekannt. Als dann die ersten Takte über die Zuschauerschaft rollten, wurde auch mir klar, dass es sich dabei nicht nur um das übliche Hörensagen handelte.
Patton verschanzte sich hinter demselben Specialeffect-Pult, dass er schon bei Fantomas bediente. Dort scharte er mindestens 17 Mikrofone mit unterschiedlichen Verzerrerfunktionen um sich.

Die Schaltzentrale für die Untermalung des Groove-Bretts, welches da über die wogende Masse in der Kantine brodelte. Ich muss zwar gestehen, dass mir bislang noch kein Studio-Output von Tomahawk zu Ohren gelangte. Um so neugieriger war ich auf diese Performance -- und wurde nicht enttäuscht. Mit der Bezeichnung Schreihals würde man dem Frontmann nicht gerecht. Er versteht es virtuos, mit wohldosierten Noise-Attacken das Volk anzuheizen, um es dann in teils tanzbare Grooves aus der Rhythmusecke überzuleiten. Ein heftiger Power-Cocktail ohne Kompromisse. Jedenfalls spaltete Patton die Zuschauer in zwei Gruppen. Die einen sprachen vom "sexiest motherfucker in the whole rock-universe", die anderen meinten nur: "Look at the Seckel!" Eins ist sicher: Haarnetze sind das Mode-Gadget 2003!

Mehr Fotos findest du hier:

1. Tomahawk
2. Melvins

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Die Melvins haben vieles hinter sich gebracht. Seit über 40 Jahren wirken Buzz Osborne aka King Buzzo (Vocals, Gitarre) und Dale Crover (Vocals, Drums) in der Alternative-Szene und haben sich, das darf man so sagen, ein legendäres Standing erarbeitet.

Denn wie formulierte es unser Rezensent einmal so schön:, "In all den Jahren haben sie kein einziges langweiliges Album aufgenommen." Und wir reden hier von um die 30 Platten. Wahnsinn. Zuletzt veröffentlichten die Sludge-, Stoner-, Doom-, Punkrock-, Metal-Ikonen in diesem April "Thunderball". Und hoffentlich haben wir eben alle Genres aufgezählt, die sie bedienen.

Ein Rockstar wie Dave Grohl zählt jedenfalls seit den Anfangstagen zu den Fans King Buzzos, der es 2012 mit seiner Truppe fertigbrachte, in 51 Tagen in allen 50 Staaten der USA sowie Washington, DC aufzutreten.

Probleme gab es in all den Jahren übrigens nur an der Bass-Position, dort hielt es kaum einer längere Zeit aus. Kevin Rutmanis, beispielsweise, stieg Ende 2005 wegen Drogenproblemen aus. Mittlerweile hat sich seit einiger Zeit aber Steven McDonald am Tieftöner etabliert. Was das alles bedeutet? Nur eines: Ein Sturm zieht auf!

Support: Red Kross, die Band von McDonald.

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Artistinfo

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