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Frank Apunkt Schneider "Deutschpop halt's Maul"

Frank Apunkt Schneider möchte ein Korrektiv sein und so schallt es lautstark in Richtung deutscher Gegenwartsmusik wie Indiepop oder Hip Hop: "Deutschpop halt's Maul". Deutsche Musik seit der Nachkriegszeit zeichnete sich vor allem durch das Markenzeichen Incredibly Strange aus und durch Epigonentum ("Sekundarität"). Die Versuche der Berliner Republik, nach der Wende eine identitätsstiftende Narration durch Pop zu finden, hält Schneider für bedenklich. Denn die Popmusik der Nachkriegszeit diente als Reeducation-Programm, als alternativer Lebensentwurf zum gängigen Mief von Blut, Boden und Volksgemeinschaft. Unerlässlich für das Wesen von Popmusik hält der Autor Sperrigkeit oder wie er es nennt Verkrampfung, was als Abfuhr an das Wir-Gefühl zu verstehen ist. Ähnlich der Entfremdung der Sprache wie man sie etwa bei Kafka findet, dessen Konterfei für das Cover mit dem bekannten Blumfeld-Artwork verschmolzen wurde (welches seinerzeit ein Elvis-Cover ironisierte).

Anglizismen stellen für Schneider die größte kulturelle Errungenschaft der Nachkriegszeit dar. Krautrock, eine Musik, mit der zeitlebens niemand wirklich warm wurde, derart zu verklären, dass damit ein Schritt zum nationalen Pop vollzogen wurde, stößt ihm sauer auf. Mit spitzer Feder, ironisch und ein wenig über die Oberlehrerbrille des Experten hinweg linsend stellt er sich gegen eine einseitige Geschichtsschreibung und verdammt sie in den Bereich der Mythen. "Heimat", ein längst überholt geglaubter Begriff, findet heutzutage seine biedermeierliche Renaissance, dies nicht nur im Falle von Frei.Wild, sondern auch bei Thees Uhlmann oder den Sportfreunden Stiller, bei ersteren aufgrund der Gesinnung, im zweiten Falle wegen postmoderner Beliebigkeit.

Schneider holt die subventionsbegeisterten Deutschpop-Apologeten vom hohen Ross und sperrt sich gegen einen Weltbeherrschungsanspruch deutscher Kultur. Mit Kraftwerk als Impulsgeber kann er leben, aber er erkennt sie nicht als Meilenstein in der Entwicklung der elektronischen Musik an. Auch die NDW sei keine Leit- oder Jugendkultur, sondern eine Dependance der internationalen New Wave- oder Post-Punk-Bewegung. Seine Version, so steil die Thesen teilweise auch gehen, stattet er mit dem gebotenen Understatement aus, indem er die die eigene Geschichte als Konstruktion reflektiert. Also etwas, das den ganzen nationalen Identitätsschwaflern abgeht.

Darüber hinaus ist das Buch mit viel Humor geschrieben. Viele erinnern sich mit einem Schmunzeln, dass der aktuelle Wirtschaftsminister und Vizekanzler einmal der Beauftragte für Popkultur und Popdiskurs war (Spitzname: "Siggi Pop"), was Schneider so kommentiert: "Warum ausgerechnet Sigmar Gabriel, der in all der rot-grünen Lockerheit immer wie ein übrig gebliebener Helmut Kohl wirkte, auf diesen Posten berufen wurde, mag Regierungsgeheimnis bleiben."

Frank Apunkt Schneider, "Deutschpop halt's Maul", Ventil Verlag, 118 Seiten, broschiert, 10 Euro. Wertung: 4/5.

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