Wyndham Wallace "Lee, Myself And I. Inside The Very Special World Of Lee Hazlewood"
Schon im Klappentext lässt der Autor den Humor seines Porträthelden Lee Hazlewood aufleuchten. So soll der US-Songwriter in seinem ersten Fax an den Labelchef von City Slang UK um 1997 herum geschrieben haben: "Wenn ich Wyndham Wallace heißen würde, käme es mir nie in den Sinn, mit Menschen zu kommunizieren, die einen solch simplen Namen tragen wie ich. Da Sie sich nun aber schon in diese Abgründe begeben haben, wie könnte mein altes Indianerherz da nicht wohlgesonnen antworten." Der Brite Wallace erzählt acht Jahre nach Hazlewoods Tod die ergreifende Geschichte eines Fans, der urplötzlich in den kaum für möglich gehaltenen Genuss kommt, seinem Idol ein Comeback zu bereiten. Seit den frühen 70er Jahren vom Pop-Radar verschwunden, wohnte der Songwriter für Nancy Sinatra und Schöpfer von "These Boots Are Made For Walking" mal in Florida, mal in Spanien, vor allem aber in Schweden, wo er Soloalben aufnahm, die in Sammlerkreisen für exorbitante Summen gehandelt wurden.
Nun ist es aber beileibe nicht so, dass Wallace die Großtaten Hazlewoods noch leibhaftig miterlebte, der Autor ist Jahrgang 1972. Als er Hazlewood 1999 als dessen Plattenfirmenboss vorgestellt wird, raunzt dieser ihn enttäuscht an: "Verdammte Scheiße, wie alt bist denn du? 13?" Der 40 Jahre überragende Altersunterschied ist das Salz in der Suppe in der nun beginnenden Beziehung der beiden. Nicht, dass Hazlewood generell ein einfacher Mensch gewesen wäre. Er wollte in erster Linie seine Zigaretten, seinen Whisky und seine Ruhe. Aber er genoss den plötzlich in Europa eintretenden Rummel um seine alten Soloalben, die Sonic Youth-Drummer Steve Shelley auf Smells Like Records um die Jahrtausendwende wiederveröffentlichen durfte. 1999 tritt er schließlich auf dem von Nick Cave kuratierten Meltdown Festival auf.
Auch wenn sich das Buch in erster Linie an Lee Hazlwood-Verrückte richtet, sei es nicht zuletzt aufgrund von dessen Lebensweisheiten allen Liebhabern einer längst vergangenen Songwriterepoche empfohlen. Hazlewood erzählt etwa, wie er den Tennisstar Björn Borg in Schweden kennenlernte, über sieben Frank Sinatra-Konzerte an sieben Abenden und seine Gründe dafür, warum er Anfang der 90er Jahre ein Angebot des Sub Pop-Labels (Nirvana) ablehnte. Darüber hinaus veröffentlicht Wallace hier erstmals die legendären "Hass-Faxe", in denen Hazlewood Journalisten in der Luft zerriss – und stets anmerkte, den Betreffenden das Fax bitteschön weiter zu leiten.
Kurz vor seinem Krebs-Tod 2007 arbeitete er noch mit Bela B. zusammen, veröffentlichte sein Album "Cake Or Death" und ließ sich für eine isländische Band auf Wallaces Label für eine letzte Spoken Word-Aufnahme überreden. "Lee Hazlwood lebte ein Leben, über das es sich zu lesen lohnt", bringt es Tim Burgess von den Charlatans auf den Punkt.
Wyndham Wallace, "Lee, Myself And I. Inside The Very Special World Of Lee Hazlewood", Jawbone Press, englisch, 248 Seiten, broschiert, 19,99 Euro. Wertung: 5/5.
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