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Snow - "Informer"

Über kulturelle Aneignung sprach im Jahr 1992 noch kein Mensch. Deswegen fand auch niemand großartig erwähnenswert, dass es ausgerechnet ein kanadisches Weißbrot war, das einer ganzen Generation (weißer) Kids den allerersten Kontakt mit Dancehall bescherte. Ehrlich: Wir wussten damals doch noch nicht einmal von der Existenz dieses Genres, und von jamaikanischer Musik hatten wir in etwa so viel Plan, wie wir von Snows Zeilen verstanden haben. Alickibummbummdaun? Alles klar.

Noch nicht einmal englischsprachige Hörer*innen kamen mit den Lyrics in Patois problemlos zurecht. Bei AllMusic befanden sie, angesichts des Erfolgs leise erstaunt, der Song "zertümmert den Mythos, dass ein Pop-Publikum niemals einen Tune umarmen würde, dessen Text nicht in verständlichem Englisch" abgefasst sei. Als das Video seinerzeit erschien, bekam es deswegen extra Untertitel verpasst.

Viel geholfen hat das nicht, wie sich Snow selbst über die Rezeption seiner Anti-Snitching-Hymne wundert: "Das ist ein Knast-Song. Es ist nicht: 'Baby, I love you.' Ich hab' das geschrieben, als ich im Gefängnis saß, es geht um Verräter. Aber die Leute haben ja gar nicht gewusst, was ich da singe."

Produziert hat den Track MC Shan, der auch einen Rappart beisteuert. "Informer" bevölkert heute gleichermaßen Auflistungen der besten wie der schlechtesten Singles ever - also ein würdiger Schlusspunkt für heute.

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