Jenny Hval - "Gott Hassen"
Worum gehts?
Den Rahmen für "Gott hassen" bildet das Vorhaben der Ich-Erzählerin, das Drehbuch zu ihrem eigenen Film zu schreiben. Dabei reflektiert sie ihr Aufwachsen im ländlichen Südnorwegen, geprägt von Christentum und konservativen Werten, und ihre Flucht in den Black Metal als Gegenpol dazu. Sie empfindet sich als "zu spät geboren" und fragt sich, was wohl passiert wäre, hätten Frauen von Anfang an in der Szene mitgespielt. Also entwirft sie eine imaginäre Band, die nicht nur gegen gesellschaftliche Konventionen rebelliert, sondern auch gegen die Normen einer festgefahrenen Black Metal-Kultur. Darüber spannt sich das Wort "Hass" und seine Bedeutung in schillerndsten Farben.
Wer hats geschrieben?
Die norwegische Musikerin Jenny Hval. Sie begann ihre Karriere in den 90ern als Teil einer Gothic Metal-Band, bevor sie sich ab Anfang der 2000er erst unter dem Pseudonym Rockettothesky und später unter ihrem eigenen Namen experimenteller Popmusik zuwandte. Sie wurde mehrfach mit dem wichtigsten norwegischen Musikpreis Spellemannprisen ausgezeichnet und tourte vorübergehend mit Swans. Ihr erster Roman "Perlenbrauerei" erschien 2009, gefolgt von dem noch nicht ins Deutsche übersetzten "Inn i ansiktet", und schließlich "Gott hassen", ihrem dritten schriftstellerischen Werk.
Wer solls lesen?
Man muss definitiv kein Black Metal-Fan sein, um "Gott hassen" spannend zu finden – auch wenn es natürlich hilft, die zahlreichen Referenzen (vor allem auf Darkthrone) zu verstehen. Wer generell an Subkulturen interessiert ist, wird Jenny Hvals Beobachtungen einiges abgewinnen können, und Dorfkinder dürften sich mehr als einmal in ihren Erzählungen wiederfinden. Man sollte allerdings gewisse Toleranz für abstrakte Schreibexperimente und leidenschaftliches Spiel mit Sprache mitbringen: Nach dem griffigen Anfangspart dreht Hval besonders in der zweiten Hälfte des Buches völlig frei und reiht stream-of-consciousness-artig absurdeste Fantasien aneinander.
Das beste Zitat:
"Metal ist jetzt Boulevard und hat seine Fantasie verloren. Er ist zu einem Ausdruck für unsichere Männer geworden, die sich eine Zeit zurückwünschen, in der sie stark hätten sein können. Er beschäftigt sich mit Werten aus dem Mainstream, Dominanz und Kontrolle, er wird monströs, totalisierend, zu einer tour de force, einer Machtdemonstration, er beschäftigt sich zu wenig mit Kritik. Und niemand fragt nach dem Grund für den Hass."
Wertung: 4/5
Text von Manuel Berger
Kaufen?
Wenn du über diesen Link etwas bei amazon.de bestellst, unterstützt du laut.de mit ein paar Cent. Dankeschön!
Noch keine Kommentare