Claus Oistric - "Als der Vorhang fiel - Punk im Wien der 80er"
Worum gehts?
Bis zum Fall des titelgebenden Eisernen Vorhangs war Österreichs Bundeshauptstadt unter Szenegängern als "tote Stadt" bekannt. Da viel zu bieder und spießig für die natürliche Entwicklung einer Subkultur, hatte es der im angrenzenden Deutschland florierende Punk dort anfänglich sehr schwer. Im Buch setzt sich Claus Oistric mit der Entwicklung der Punkkultur in der Alpenrepublik auseinander, von dem spärlichen Beginn bis hin zum Punk-Boom der 1990er Jahre. Dabei lässt er allerlei Zeitzeug*innen und Szenegrößen zu Wort kommen und zeigt liebevoll zusammengetragenes Anschauungsmaterial in Form von Bildern und Konzertplakaten. Es geht um das Leben und Sterben der Begegnungsstätten, den Kampf gegen Unterdrückung und Vertreibung durch die Obrigkeit und die Vorstellung der wichtigsten österreichischen Punk- und Hardcorebands.
Wer hats geschrieben?
Der Wahlwiener Claus Oistric, geboren 1981, gab ab Mitte der 1990er einige Fanzines heraus und war und ist nach wie vor in diversen Bands aktiv. Nach dem Studium der Publizistik und Kommunikationswissenschaft sowie dem Masterstudium in Zeitgeschichte und Medien hat sich der in Hainburg an der Donau geborene Oistric in der schrulligen Metropole niedergelassen und lebt und arbeitet aktuell dort.
Wer solls lesen?
"Als Der Vorhang Fiel" ist eine wahre Goldgrube für vor allem jene, die sich bisher noch nicht mit der Punkszene in Österreich beschäftigt haben. Wer sich für subkulturelle Entwicklung unter unterschiedlichen gesellschaftlich-politischen Einflüssen interessiert, sollte hier ebenfalls ein Auge riskieren. Neben vielerlei spannender Fakten bleiben während des Lesens auch die Mundart und der grantige Charme Wiens selten außen vor, und man kommt kaum umhin, sich das Erzählte im klassischen Schmäh vorzustellen.
Das beste Zitat:
"Mit ziemlicher Sicherheit würde irgendwann im Lauf der Staffel der Unvermeidbare auftauchen. Auf der Bühne im U4 würde er stehen und ganz lässig 'Ganz Wien' am Bass zupfen. Es wäre ungefähr so wie die eine Szene in 'Narcos: Mexico', in der Pablo Escobar aus der ursprünglichen 'Narcos'-Serie einen Cameo-Auftritt hatte. Falco steht oft sinnbildlich für das U4 und dessen Schickimicki-Szenerie. Für Angehörige der Punk- und Hardcore-Generationen der zweiten oder dritten Welle kam das Lokal äußerst selten in Frage. Unsympathische Türsteher und überteuertes Bier sind noch die freundlicheren Zuschreibungen sämtlicher Zeitzeug:innen. Heutzutage geht ohne den FALCO gar nichts mehr, und 'ganz Wien' - so scheint es - hat ein eigenes privates FLACO-G'schichterl auf Lager. Wie viel Wahrheit und wie viel Verklärung dahintersteckt, ist für Spätgeborene schwer nachzuvollziehen. Mit FALCO scheint es sich jedoch ungefähr so zu verhalten wie mit dem Mythos von Cordoba 1978: Es wurde schon hunderte Male alles gesagt, nur halt noch nicht von jedem. Einige Personen aus der Frühphase des Punk erzählen gerne, dass der FALCO einmal fast einen Song von ihnen übernommen hätte und diesen aufnehmen wollte. Wäre er nicht tragischerweise in den Reisebus gekracht, würde ich frech behaupten, würde genauso wie Anfang der 90er kein Hahn nach ihm krähen. Im FLEX'S DIGEST las ich damals den wunderschönen Satz, dass der FALCO doch gefälligst 'fuckoff'en' soll. Und genau das hat er dann ja auch getan."
Wertung: 4/5
Text von Steffen Eggert
Kaufen?
Claus Oistric - "Als der Vorhang fiel"*
Wenn du über diesen Link etwas bei amazon.de bestellst, unterstützt du laut.de mit ein paar Cent. Dankeschön!
Noch keine Kommentare