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"Das Wetter - Buch für Text und Musik"

Worum gehts?

Im Jahr 2013 inmitten kränkelnder und sterbender journalistischer Angebote ein Magazin für Text und Musik aus der Taufe zu heben, noch dazu im totgesagten Print-Format: ein vollkommen wahnsinniges Unterfangen. Sascha Ehlert hat es, mit (etwas) finanzieller und (Unmengen) ambitionierter Hilfe von Familie und Gleichgesinnten dennoch gewagt. Seine Schnapsidee, geboren, sofern man dem Gründungsmythos Glauben schenken darf, im Kreise der Kollegen Max Richard Leßmann und Jan Wehn an einer Pissrinne, hat er über die letzten zehn Jahre zu einem Magazin ausgebaut, wie es (jedenfalls hierzulande) kein zweites gibt: Das Wetter hat in all seiner nerdigen Nischigkeit längst den Status einer popkulturellen Institution erlangt. 2023 erschien nicht nur die 30. Ausgabe des Magazins, das Heft feierte zudem sein zehnjähriges Bestehen. Meine Glückwünsche überreiche ich mit einem tiefen Kniefall vor dem bewiesenen Idealismus, dem Mut, der Zähigkeit und der grandiosen Fuck-You-Attitüde, mit der alle Beteiligten dem Chor der Unkenrufe entgegengetreten sind.

Zum Zehnjährigen beschenkt sich das Das Wetter-Team nun selbst (und damit indirekt auch uns) mit einem Buch: Selbiges versammelt Lieblingstexte aus den Ausgaben der vergangenen Jahre, allerdings mehr als großzügig durchsetzt mit bisher unveröffentlichten Beiträgen. Wie der Untertitel des Magazins und auch der Titel dieses Buches besagt, geht es zwar meist um Musik, im Zentrum steht jedoch der Text in seinen mannigfaltigen Ersacheinungsformen. Das "Buch für Text und Musik" birgt Prosa und Poesie, Porträts und Gespräche, Dossiers und Essays, real Passiertes und Ausgedachtes, das alles dargeboten in schlichter Eleganz und fantastischer Haptik: eine Fundgrube.

Die Vielzahl der Autor:innen, die Platz fanden, bringt nahezu zwingend mit sich, dass einem die Beiträge unterschiedlich gut reinlaufen. Es findet sich aber tatsächlich etwas für nahezu jeden Gusto. Vielleicht hätte man die aufeinander folgenden drei Einstiegs-Texte, die allesamt die Entstehungsgeschichte des Magazins rekapitulieren, etwas geschickter über die knapp 400 Seiten verteilen können, um nicht mit allzu viel Selbstbeweihräucherung ins Haus zu fallen. Andererseits: Zehn wird man nur einmal im Leben, und wann, wenn nicht dann, sollte der Urheber*innenstolz fließen dürfen? Berechtigt ist er. Für die netzhautzerfetzende Orange-auf-Blau-Kombination der Covergestaltung gibt es allerdings keine Entschuldigung.

Wer hats geschrieben?

Geschrieben haben an die drei Dutzend verschiedene Autor*innen, die auch, größtenteils mehrfach, bereits bei Das Wetter veröffentlicht haben, darunter die Musiker*innen Mia Morgan, Jungstötter, Ebow oder Drangsal oder die Journalisten Jan Wehn und Juri Sternburg. Als Herausgeber*innen fungieren Magazin-Gründer und Chefredakteur Sascha Ehlert, der auch schon in der taz, der Spex oder für die inzwischen in die ewigen Jagdgründe eingegangene Juice geschrieben hat, deren Redaktion er zeitweise leitete, sowie Katharina Holzmann. Sie gehört quasi von Beginn an der Das Wetter-Redaktion an, arbeitet außerdem als Redakteurin und Lektorin für unterschiedliche Publikationen und hat obendrein den Korbinian Verlag mitbegründet.

Wer solls lesen?

Menschen mit Interesse an Musik und Literatur, an Popkultur im Allgemeinen, die zudem gerne bedrucktes Papier in Händen halten. Dieses Klientel ist aber wahrscheinlich eh schon Stammpublikum des Magazins, oder sollte es zumindest sein. Wer alle Hefte kennt, kennt auch einen Teil dieses Buches bereits. Wegen der generös eingestreuten neuen Texte lohnt es sich aber auch für treue Das Wetter-Leser*innen.

Das beste Zitat:

Die Vorgeschichte erinnert Sascha Ehlert:

"Max, der zu dieser Zeit sehr begeistert und auch begeisterungsfähig war und irgendwie einfach mit Ideen um sich geschmissen hat, hat gesagt: So, Leute, wir drei müssten eigentlich eine Rap-Gruppe gründen, inkognito, und uns dann selber hochschreiben. Weil Jan da gerade bei der Spex war, Max für die Visions schrieb, und ich für die Juice."

Sie führt zum besten Zitat, es stammt von Max Richard Leßmann:

"Zum Glück haben wir dann keine Rap-Gruppe gegründet."

Dafür bin ich von Herzen dankbar.

Wertung: 4/5

Text von Dani Fromm

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