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"Testcard #27: Rechtspop"

Worum gehts?

Pop ist von seinem Konzept her ein emanzipatorisches Ding und damit quasi automatisch ... irgendwie links? Ja, schön wärs! Leider sieht die Realität anders aus. Die braune Scheiße vom rechten Rand schwappt längst in alle Lebensbereiche und macht inzwischen auch vor der Popmusik nicht mehr Halt. Falls es je anders war.

Wie jede*r weiß, die*der sich auch nur rudimentär mit der unerfreulichen Materie befasst: Das Böse marschiert nicht, es sickert ein. Deswegen denken wir bei "rechts" vielleicht zunächst an irgendwelchen hässlichen Nazirock oder irgendwelche Fascho-Rapper. Die bilden allerdings nur die Spitze des Eisbergs, das Problem reicht tiefer, durchdringt alle Schichten, auch im Kulturbereich.

"Irgendwo ist Pop scharf rechts abgebogen - die neueste Ausgabe der testcard betreibt Ursachenforschung", brachten die begleitenden Worte die Motivation der 27. Ausgabe der Buchreihe zur Popkultur auf den Punkt. Dass das keine vergnügliche Lektüre verspricht, liegt auf der Hand. Auf knapp 300 Seiten wartet also wenig Lesegenuss, dafür leisten die Autor*innen der hier versammelten Artikel harte Aufklärungsarbeit. Es geht (zum Beispiel) um toxische Männlichkeitsbilder im Punk, um die gestrigen Nostalgie-Fantasien im volkstümlichen Neo-Schlager, um den Beitrag zu Frauen zu einem allgemein als "männlich" wahrgenommenen Problem, um ästhetische Parallelen zwischen Avantgarde und Faschismus, um die ausgefuchsten, leider erfolgreichen Medienstrategien der Neuen Rechten, um die Radikalisierung und Vereinnahmung eines Froschs ...

Bei so vielen Beiträgen von so vienen unterschiedlichen Beteiligten versteht sich von selbst, dass die Herangehensweisen, Umsetzungen und Standpunkte unterschiedlich gut gelingen. Alle Texte eint jedoch die Unerfreulichkeit ihres Grundthema, gepaart mit einer zwingenden Notwendigkeit: Wir müssen uns damit befassen, auch wenn nichts davon bockt und dieses Buch am Stück kaum zu ertragen ist. Dennoch: Zu sehen und zu verstehen, was vor sich geht kann man in Zeiten, in denen sich Faschist*innen und Demokratiefeinde wieder ungebremst und völlig ungeniert in deutschen Parlamenten breitmachen, gar nicht für wichtig genug erachten.

Trotzdem: Wenn das Thema schon harte Kost ist, hätte man die wenigstens ein bisschen lesefreundlicher servieren können. Wobei ... ach, stopft doch noch ein paar mehr noch winzigere Buchstaben in diese Bleiwüsten! Die Lupe, die ich dann brauche, um überhaupt noch etwas entziffern zu können, lässt sich gleich als Brennglas verwenden. Lust, irgendwas anzuzünden, hab' ich nach dieser Tortur allemal.

Wer hats geschrieben?

Viele, ganz unterschiedliche Autorinnen. Als Herausgeberinnen listet der Ventil-Verlag unter anderem: Roger Behrens (promovierter Philosoph und Sozialwissenschaftler und seit 1998 Mitherausgeber der Testcard-Reihe), Jonas Engelmann (Literaturwissenschaftler. Lektor, freier Journalist), Frank Apunkt Schneider (nach Eiegnauskunft "unfreier Künstler"), Anna Seidel (Literaturwissenschaftlerin und freie Autorin, sie schreibt unter anderem für das Missy-Magazin und diverse Musikblogs), Holger Adam (Autor und Konzertveranstalter) ... und das waren längst nicht alle.

Wer solls lesen?

Alle. Immer vorausgesetzt, sie neigen nicht eh schon zum Verzweifeln am Zustand der Gesellschaft, der Kultur und der Welt.

Das beste Zitat:

"Auch die Linke hatte versucht, Pepe zurückzuerobern. Doch ohne Erfolg: Pepe bleibt im gesellschaftlichen Gedächtnis als Symbol der Alt-Right verhaftet 2018 erscheint sogar ein rassistisches und muslimfeindliches Kinderbuch namens Die Abenteuer von Pepe und Pede. Pepes Schicksal scheint besiegelt: Trotz aller Versuche wird er immer dazu verdammt sein, als Symbol einer menschenfeindlichen, gewalttätigen und stellenweise gar rechtsterroristischen Bewegung herhalten zu müssen."

... schreibt Veronika Kracher in "Just Fur The Lulz - Rechtsextremismus und Meme-Kultur" über Pepe, den Comic-Frosch.

Wertung: 3,5/5

Text von Dani Fromm

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