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Rob Sheffield - "Heartbreak is the National Anthem - Wie Taylor Swift die Popmusik neu erfand"

Worum gehts?

Obwohl Taylor Swift ihr Image mit jeder "Era" neu definiert und längst eine der erfolgreichsten Musikerinnen der Gegenwart ist, haftet ihr immer noch das Etikett der oft belächelten und unterschätzten Künstlerin an. Bisherige Fan-Publikationen haben mit ihrem seichten inhaltlichen Anspruch und rosaroter Glitzeroptik ihr Übriges getan. "Heartbreak is the National Anthem" hebt sich von jener Menge ab, in dem es die Lesenden mit auf eine vielschichtige musikalische Reise durch das bisherige Gesamtwerk der Pop-Queen nimmt und ihr Songwriting tiefergehender analysiert. Dabei kommt so manche unerwartete Anekdote aus ihrem Leben zum Vorschein, seien es Geschichten aus Taylors Highschool-Tagen, die Ursprünge langjähriger Fehden mit Kollegen oder oft übersehene Details zur Entstehung ihrer Songs. Der Autor zieht zahlreiche Parallelen zu anderen Songwriting-Größen, von den Beatles bis hin zu Fleetwood Mac (über die er jeweils eigene Biografien geschrieben hat).

Dass Taylor eine erfolgreiche Songwriterin ist, steht außer Frage. Um sie als oft unterschätzte Künstlerin gebührend zu würdigen, muss man sie jedoch nicht gleich auf eine Stufe mit allen Legenden aus der Rock'n'Roll Hall of Fame stellen. Eine Taylor Swift ist kein Paul Simon, und das muss sie ja auch gar nicht sein. Beim Lesen dieses Buches entsteht allerdings schnell der Eindruck, eine solche Göttin habe die Welt noch nie gesehen. Jede Neuerfindung Taylors gilt hier als geniale Eingebung, jeder kreative Irrweg als Teil des Masterplans jenes "Masterminds".

Im Gegensatz zu den vielen anderen Fanbüchern, die im Markt derzeit kursieren, bietet es jedoch deutlich mehr Substanz: gut recherchierte Hintergrundgeschichten, die die zahlreichen Inspirationen und Interessen hinter Swifts Schaffensprozess beleuchten. Taylors Katzen und Freundschaftsarmbänder bleiben, ausnahmsweise, nur eine Randnotiz.

Wer hats geschrieben?

Rob Sheffield, Journalist beim amerikanischen Rolling Stone Magazine. Er begleitet Taylor seit vielen Jahren, hat sie mehrfach getroffen und war mehrmals zu Album-Listening-Sessions in ihren privaten Wohnungen eingeladen. Einmal, als Taylor nicht zu Hause war, lag ein Bob Dylan-Songbuch auf ihrem Küchentisch. Sheffield vermutet dahinter keinen Zufall, sondern eine bewusste Geste, die den selbstbetitelten Dylanologen beeindrucken sollte. Wie dem auch sei, Taylor hat sich den Musikkritiker handzahm gemacht. In "Heartbreak is the National Anthem" fasst er ihr Werk zusammen und behandelt es, trotz vereinzelter Hinweise auf Kontroversen, überwiegend mit Samthandschuhen.

Ab und zu stellt er vorsichtig in Frage, ob man alles, was sie sagt, für bare Münze nehmen sollte. Sheffield versteht immerhin, was es bedarf, um den Mythos eines Megastars aufzubauen und zu erhalten. Dass er ein riesiger Fan ist, verschweigt er dabei nicht. Jeden Flop wertet Sheffield als gefundenes Fressen für alle, die Taylor sowieso schon immer scheitern sehen wollten. Damit unterstreicht er Taylors binäres Narrativ von wundervollen Verehrern auf der einen und gehässigen Hatern auf der anderen Seite: "Haters gonna hate." Der Mangel an unvoreingenommener Kritikbereitschaft macht sich schnell bemerkbar. Die Zuckerguss-süße Lobhudelei strengt spätestens nach der Hälfte des Buches unglaublich an.

Wer solls lesen?

Hartgesottene Taylor Swift-Fans, die tiefer in Taylors zahlreiche Facetten eintauchen wollen, oder, wie Sheffield es nennt, in die Evolution der "vielen Taylors".

Das beste Zitat:

"Für die einen ist Taylor ein kreatives Genie, eine kulturelle Kraft, eine feministische Rebellin (...) Für andere ist sie eine egoistische, durchtriebene, wehleidige Göre, eine Heuchlerin, die über Feminismus und die Rechte von Künstlerinnen nörgelt, nur um sich für kleine Kränkungen zu rächen, die Kratzbürstigste unter den Kratzbürsten, die das Opfer spielt, die Männerwelt beleidigt und als eine Art All-Around-One-Woman-Bitch alles symbolisiert, was in der Kanalisation menschlicher Eitelkeit vor sich hin gärt (...) Eine verwöhnte Prinzessin auf dem Thron des Bösen."

Wertung: 3/5

Text von Josephine Maria Bayer

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