Bela B. Felsenheimer - "Fun"

Worum gehts?
Natürlich geht es auf gar keinen Fall um die Causa Rammstein, Till Lindemann und seinen Umgang mit weiblichen Fans, nein, nein. Ähnlichkeiten zu real existierenden Personen sind rein zufällig, is' klar. Dieser Roman, der sich offenbar krampfhaft darum bemüht, bloß kein zweites "Scharnow" zu werden (sehr bedauerlich!), erzählt eine Woche im Leben einer fiktiven Rockband nach. Die Combo, um die sich die Handlung dreht, kehrt nach Jahrzehnten im Geschäft in die brandenburgische Provinz zurück, wo einst ihre Karriere begann. Dort warten emotionale Altlasten, verflossene Beziehungen und deren Folgen.
Es geht um Machtgefälle, Vergewaltigung, Nötigung, Übergriffigkeiten, ignorierte, überschrittene, eingerissene Grenzen. Männer leben ihre ranzigen Sex-Drugs-Rock'n'Roll-Fantasien aus. Frauen sind dumm, eingeschüchtert oder starstruck genug, um ihnen das zu gestatten. Dazwischen hampeln all jene herum, die wegschauen und die Mäuler halten, weil sich an dem hässlichen Spiel halt doch ganz gut mitverdienen lässt. Eigentlich megaspannender Romanstoff, leider fehlte wohl eine Idee, was sich daraus hätte machen lassen. Der Plot ist absehbar as fuck, obendrein unlogisch. Die Charaktere: allesamt wandelnde Klischees. Dass das vermutlich (hoffentlich!) Absicht war, um ebenjene Stereotypen zu karikieren, macht es kaum erträglicher. Insbesondere die weiblichen Figuren sollten wahrscheinlich irgendwie selbstbestimmt und vielschichtig wirken. Tatsächlich glaubt offenbar selbst dieser Autor, dass Frauen untereinander keine anderen Gesprächsthemen haben als Männer und die Menopause. Jesses.
Wer hats geschrieben?
Bela B. Felsenheimer, als einer der Ärzte und Stehschlagzeuger der besten Band der Welt zu Ruhm und Ehren gekommen, hat eigentlich längst bewiesen, dass er schreiben und insbesondere plastische Figuren ersinnen kann. Sein Vorgängerroman platzt schier vor fantastisch gezeichnetem, detailliert und lebensnah beschriebenem, teils absurd komischem Personal. Die Erwartung an "Fun" war also hoch - und wurde bitterlich enttäuscht.
Wer solls lesen?
Die-hard-Fans der Ärzte oder erklärte Bela B.-Jünger sind wahrscheinlich automatisch Zielgruppe. Darüber hinaus ... weiß ich gar nicht. Dringend die Finger von diesem Buch lassen sollten allerdings alle, die sich von der Darstellung von (sexueller) Gewalt und Missbrauch getriggert fühlen: Es lohnt sich wirklich gar nicht, sich hier schlechte Gefühle abzuholen, dafür bietet "Fun" schlicht zu wenig Fun. Oder auch nur irgendeinen Erkenntnisgewinn. Wer sich das Buch bloß zu Dekozwecken ins Regal stellen will, darf dagegen bedenkenlos zugreifen: Mit himmelblauem Seitenanschnitt und in in Regenbogenfarben schillerndem Silber auf Schwarz aufgeprägtem Titel sieht es schlicht wunderschön aus.
Das beste Zitat:
Boah, ich hatte das Buch eigentlich mit 2 Punkten bewertet, musste nach der Suche nach einem Zitat aber noch einmal korrigieren. Das ist wirklich leider ganz großer Bullshit, was besonders tragisch ist, weil es Felsenheimer erwiesenermaßen besser kann. Aber hier ... nä. So stellt er sich zum Beispiel offenbar Gespräche unter Frauen vor:
"'Ach komm, Selina, unsere Organe verändern sich nun mal. Hast du nicht auch manchmal eine trockene Vagina? Das passiert selbst HWG-lern wie dir.'
'Was soll ich sein? Was ist das?'
'Häufig wechselnde Geschlechtspartner', bekommt Selina von Frankie die Erklärung, 'so nennt es die Polizei.'
'Also, meine Vagina ist frisch und munter. Es hat sich noch niemand beschwert. Ich hab mir aber aus anderen Gründen was gegen Scheidentrockenheit verschreiben lassen. Estriol-Salbe, kennt ihr die? Im Wartezimmer beim Gyn hat mir eine Frau verraten, dass die Salbe gut gegen Falten wirkt. Das ist ein offenes Geheimnis. Wird keine Ärztin so empfehlen, aber es wirkt, glaubt mir. Hab ich immer dabei.'"
Wertung: 1/5
Text von Dani Fromm
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