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Akne Kid Joe

Wie waren die bisherigen drei Monate im Lockdown? Kreativ oder depressiv?

Sarah Lohr: Ich hab' unterschiedliche Phasen erlebt. Anfangs war ich noch recht motiviert und kreativ, es war auch irgendwie spannend, sich auf die neue Zeit einzulassen, sich zu überlegen, was man jetzt wie machen kann usw. Akne Kid Joe arbeiten gerade an neuen Songs und planen auch diverse Projekte. Ich merke aber gerade in den letzten Tagen und Wochen, dass mir das alles inzwischen nicht mehr so leicht fällt. Auf der einen Seite kehrt irgendwie so der Alltag zurück, man geht wieder in die Arbeit und hat was zu tun, der Terminkalender füllt sich langsam, man trifft auch wieder die ein oder anderen Leute. Auf der anderen Seite fehlt aber dieser komplette Konzert- und Kulturbereich am Wochenende, der Festivalsommer ist gestrichen, spätestens um 22 Uhr ist alles dicht, und man kann dann nirgendwo mehr hin usw. Das macht mir irgendwie zu schaffen, weil es jetzt eben doch schon drei Monate sind, und ich glaube, gerade erst so richtig merke, wie mir dieser Ausgleich einfach fehlt.

Wie wird euch der Lockdown prägen? Gibt es Erkenntnisse oder Konsequenzen, die sich aus einem viertel Jahr Stubenhocken für euer Business ableiten lassen? Oder hofft man einfach, dass sich die Lage in den kommenden Monaten wieder normalisiert, und es so weitergehen kann wie in den Jahren zuvor?

Prägen wird mich diese Zeit auf jeden Fall. Für mich persönlich war es schon krass, und ich merke auch, dass es mich immer mehr stresst, je länger dieser Zustand anhält. Die fehlende Perspektive macht mir dabei am meisten zu schaffen, es gibt ja sozusagen kein fixes Enddatum, mit dem man planen kann. Eine Erkenntnis, die man, denke ich, klar benennen kann, ist, dass digitale Konzepte immer nur ein schlechter Kompromiss sein können. Am Anfang des Lockdowns war ein großer Run auf Livestreams etc., jeden Tag ein anderes Konzert. Anfangs hab' ich mir auch noch viel angeschaut, aber mit der Zeit immer weniger. Es kommt einfach nicht an das Liveerlebnis ran, und für mich persönlich sind Konzerte vor allem auch ein Ort der sozialen Begegnung. Das hat man halt nicht, wenn man allein vor dem Laptop sitzt. Von daher hoffe ich schon, dass es irgendwann wieder so weitergehen kann wie zuvor. Die Auswirkungen des Ganzen werden wir auf jeden Fall aber alle zu spüren bekommen, schon allein deswegen, weil es nach Corona den ein oder anderen Club vermutlich nicht mehr geben wird.

Im Juni kann es unter Auflagen wieder erste Konzerte geben. Seid ihr schon kräftig am Konzerte organisieren?

Ich verstehe das jetzt mal als eine Art Probelauf, man wird sehen, wie sich das dann in der Realität tatsächlich gestaltet. Es ist gut, dass es jetzt die ersten Lockerungen dazu gibt, aber es ist ja für uns alle neu, also sowohl für VeranstalterInnen als auch für die Bands, d.h. man wird sich rantasten müssen, schauen welche Konzepte funktionieren, welche nicht usw. Für den Sommer direkt haben wir jetzt noch keine Konzerte, erst dann ab Herbst. Es ist auch was anderes, ob man jetzt bestuhlte Akustik/Singer-SongwriterInnen-Konzerte veranstaltet oder ein Punkkonzert, da kann ich mir das momentan noch sehr schwer vorstellen, wie das dann aussehen soll. Ich denke es macht Sinn, jetzt mal noch abzuwarten, bis die ersten Erfahrungswerte da sind, um dann langfristiger zu planen.

Auftreten ist für Bands das A und O. Aber rechnen sich überhaupt Konzerte, wenn in nächster Zeit nur noch ein Bruchteil der Leute kommen darf?

Naja, natürlich nicht. Also das rechnet sich weder für Bands, noch für Bookingagenturen und Clubs vor Ort. Ich denke, es werden auch viele Veranstaltungsorte die Rechnung aufmachen müssen, was mehr Verlust bringt - ich kann mir gut vorstellen, dass es für viele sozusagen billiger bzw. weniger verlustreich ist, kein Konzert zu veranstalten, als eines mit nur wenig Publikum in einem großen Raum, wenig Getränkeumsatz, hohe Auflagen, dadurch viel Personal etc. Aber das wird man dann tatsächlich erst sehen können, wenn es soweit ist. Wenn die Pandemielage so gut bleibt, wie sie momentan ist, könnte es ja in den nächsten Wochen vermutlich auch noch mehr Lockerungen geben, wo man dann vielleicht irgendwann langsam in einen Bereich kommt, der tatsächlich Sinn macht - auch finanziell.

Was kann man tun, um sich als Musiker*In finanziell über Wasser zu halten? Rächt es sich gerade in der Coronakrise, dass Musik als Kulturgut regelrecht entwertet wurde?

Niemand in der Band lebt bei uns von der Musik, deswegen ist unser finanzieller Druck gerade nicht so hoch wie bei anderen. Man muss halt einfach hoffen, dass sich Leute im Onlineshop Platten und Merch kaufen, das sind gerade die einzigen Einnahmen, die man hat. Auch vor Corona war es ja schon so, dass die meisten mit Musik in der Regel nicht viel Geld verdienen. Und über Berufsmusiker*Innen hat man auch schon des Öfteren gehört, dass die zwar über die Runden kommen, aber Rücklagen bilden oder sonstiges ist in den meisten Fällen nicht möglich. Das rächt sich jetzt natürlich doppelt.

Wie ist die Situation konkret für euch: Fühlt man sich angesichts gewaltiger Kurzarbeitergeld-Volumina etc. vom Staat im Stich gelassen? Man hat ja das Gefühl, dass Freiberuflern bzw. der Kulturbranche erst zuletzt geholfen wird - oder kommt man auch in den Genuss eines finanziellen Schutzschirms und/oder anderer Hilfen?

Da wir keine Soforthilfemaßnahmen beantragt haben, kann ich dazu nur schwer was sagen. Ich finde generell, dass die Kurzarbeitsregelung eine sehr gute ist, weil sie viele Leute vor der akuten Arbeitslosigkeit schützt. Ich würde das also gar nicht gegeneinander ausspielen wollen. Fest steht, dass die Kulturbranche - und vor allem alles was alternative (Sub)Kultur betrifft - bisher zu kurz gekommen ist, da braucht es natürlich Unterstützung. Vor allem weil diese Bereiche, anders als z.B. Theater oder die sogenannte 'Hochkultur' vermutlich noch viel länger von dieser ganzen Situation betroffen sein werden. Ein Punkkonzert ist eben aufgrund von Hygieneschutzmaßnahmen viel schwieriger umzusetzen, als ein Opernkonzert mit fest zugewiesenen Sitzplätzen.

Über die diversen Soforthilfemaßnahmen hört man ja auch verschiedene Geschichten. Was ich so mitbekomme, ist aber, dass es gerade für Clubbetreiber*Innen momentan auf jeden Fall viel zu wenig ist, um damit auch noch weitere Monate überbrücken zu können. Regional gibt es viele Initiativen, aber Kommunen alleine werden das nicht auffangen können. Ich bin gespannt, wie es weitergeht. Im Konjunkturprogramm wurde ja die Kulturbranche zumindest auch schon mal berücksichtigt. Spannend wird es, wenn es an die Verteilung der Gelder geht und an welchen Maßstäben das festgemacht wird.

Akne Kid Joe sind eine Punkband aus Nürnberg. Im April erschien ihr zweites Album "Die große Palmöllüge.

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