Billie Holiday
Als Kind sieht sich die am 7. April 1915 als Elinore Harris im US-amerikanischen Philadelphia geborene Sängerin Billie Holiday gleich mehrfach auf die Verliererseite des Lebens gestellt. Nicht nur, dass sie der damals oft verachteten schwarzen Minderheit des Landes angehört. Sie kommt als Tochter ihrer alleinerziehenden Mutter Sadie Harris zur Welt. Bei Verwandten aufwachsend, wird sie im Alter von elf Jahren von einem Nachbarn vergewaltigt. Oft entflieht sie dem Schulunterricht, wird dafür irgendwann mit der Einweisung in ein katholisches Heim bestraft. Bereits mit zwölf arbeitet sie als Putzhilfe - in einem Bordell.
Ab 1930 absolviert die Autodidaktin erste Auftritte in kleinen Clubs und gibt sich nach der Schauspielerin Billie Dove selbst den Künstlernamen Billie Holiday. Trotz aller künstlerischen Anerkennung bleibt das bürgerliche Establishment kritisch gegenüber der Künstlerin eingestellt, besonders wegen ihres 1931 veröffentlichten Titels "Strange Fruit", in dem sie offen die Lynchjustiz gegenüber schwarzen Mitbürgern kritisiert.
1944 gelingt dem einstigen kleinen Mädchen aus der Gosse ein einzigartiger Erfolg: Als erste Jazz-Sängerin tritt sie in der legendären Metropolitan Opera auf und stößt auf begeisterte Resonanz beim verwöhnten Publikum. Ihre Fassungen von Klassikern des American Songbooks wie "Stormy Weather" und "A Fine Romance" gelten als bahnbrechend.
Das Ende von Billies Leben gestaltet sich tragisch und mutet an wie der Rücksturz in die freudlose Welt, der sie entstammt. Am 17. Juli 1959 stirbt sie verarmt und nahezu mittellos in einem New Yorker Krankenhaus an den Folgen einer Leberzirrhose - im Beisein von Polizisten, die sie in Haft nehmen wollen. Ihre Selbsterkenntnis: "Drogen haben nie jemandem geholfen, besser zu singen, besser Musik zu spielen oder irgendetwas besser zu tun. Alles, was Drogen können, ist dich zu töten - dich lange, langsam und grausam zu töten." Leider kann sie dieses Wissen zeitlebens nicht für sich selbst umsetzen.
Gerade wegen ihrer leidvollen Erfahrungen besitzt die Musik der Billie Holiday eine unvergleichliche Aura. Die Bandbreite ihrer Stimme, die aufgrund der gesundheitlichen Probleme in den späteren Jahren einen dunkleren Unterton annimmt, fasziniert mit ihrer Wandlungsfähigkeit. Ob heiterer Jazz-Love-Song oder anklagender Blues: Es findet sich in ihrer Intonation immer wieder eine Ahnung um jene düsteren Dinge, die abseits von Ruhm und Erfolg lauern.
Album-Tipp: "Lady In Satin"
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