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Er ist Musik

Im Gegensatz zur hiesigen Musikszene verabschiedeten sich in Übersee die meisten schon letzte Woche in den Weihnachtsurlaub, weshalb die Ausbeute des vergangenen Freitags ziemlich mau ausfällt. Aber ein paar Songs finden wir schon, über die es sich zu reden lohnt.

Den Anfang macht ausgerechnet der sonst eher Release-scheue Playboi Carti, der im Vorlauf seines heiß herbeigesehnten nächsten Albums "Music" bereits in der dritten Woche in Folge neue Musik veröffentlicht. Wie zuvor seine Comeback-Single, erschien auch "HOODBYAIR" bis dato exklusiv auf Instagram.

Ich bin vor jedem neuen Carti Album immer ein wenig skeptisch, ob er nicht irgendwann seine Edge verliert, seine Ideen sich zu wiederholen beginnen und der massive Einfluss seiner letzten LP eigentlich nur ein Glückstreffer war. Letzteres bleibt abzuwarten, aber musikalisch muss man nach den bisherigen drei Singles erneut attestieren, dass sich der Mann mit jedem neuen Projekt von Grund auf neu erfindet. Kein Song dieses aktuellen Rollouts machte das bislang so deutlich wie "HOODBYAIR". Carti klingt hier wie ein völlig anderer Mensch.

Nur wenige Künstler heutzutage nutzen den Sound und die Manipulation ihrer Stimme als so integralen Bestandteil ihrer Musik. Auf "Whole Lotta Red" dominierte noch seine quietschige Baby-Stimme, jetzt erreicht er endgültig den Stimmbruch und nimmt in der Folge eine ganz andere, ruhigere, dominierende Präsenz ein. Kein Herumgeschreie, keine Schnappatmung, keine Cartoon-Adlibs. Stattdessen drei Minuten, in denen Carti ohne Chorus dieses ominöse Instrumental zerlegt. Der Mann rappt nicht mehr wie ein hyperaktiver Vampir, sondern wie ein Bösewicht in einem Scorsese-Film, und ich liebe es.

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