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Daddy-Issues

Gegen eine gepflegte Geisterbahnfahrt werdet ihr mich niemals irgendetwas sagen hören. Der richige Horror lauert sowieso anderswo. Für mich der siebte Kreis der Hölle, ich schrieb es schon mehrfach, ist dieser Circlejerk namens "Sing meinen Song". Mehr und kaum weniger etablierte Majoracts schmieren sich zur besten Sendezeit gegenseitig eimerweise Honig um die Mäuler und schleimen sich um die Wette gen Delirium. Wuäh! Mir ein völliges Rätsel, wie man das nicht verachten kann.

Finch hat sich darüber auch lustig gemacht. Bis sie ihn eingeladen haben, und selbstverständlich fügt sich der ach so kantige Ossi-Proll-Bummsdisko-Rapper nun völlig widerstandslos in die Gepflogenheiten des Formats: Er interpretiert einen Song seines Tauschpartners Bojan 'Boki' Kalajdzic, Frontmann der Elektropop-Combo ClockClock, und NATÜRLICH hatten alle Beteiligten NOCH NIE einen emotionaleren Moment erlebt, IN IHREM GANZEN LEBEN NICHT:

Alter. Sicher kein leichtes Schicksal, wenn sich der Vater verdünnisiert und Mutter und Kind sehen müssen, wie sie alleine klarkommen. Aber wenn das wirklich so ein großes Trauma hinterlassen hat und ich das Thema noch nie wirklich angefasst habe, dann fang' ich damit doch nicht in einer Scheißfernsehshow an. Finch aber schon: "Ich bin ohne Vater aufgewachsen", lässt er wissen. "Er hat meine Mutter im Stich gelassen, hat sich damals nach dem Mauerfall in den Westen verpisst (...) Ich habe mich nie damit beschäftigt, was dieses Thema in mir ausgelöst hat - bis ich diesen Song von dir gehört habe (...) Ich habe mich lange davor gesträubt, dieses Gefühl zuzulassen und darüber zu reden." Jetzt will er das aber tun. Den eingetauschten Song widmet Finch seiner Mutter, und auf der Couch heulen sich prompt alle vor Rührung schier die Augen aus.

Jesus Christus.

Ich frag' mich wirklich, ob die alle so gut schauspielern, ob ihnen die Produktionsleitung irgendwas in den Tee kippt, oder ob die sich während der Dreharbeiten da wirklich in irgendeine Art vom Emo-Trance hineinschaukeln. So nah am Wasser gebaut können anderthalb Handvoll erwachsene Menschen doch nicht wirklich sein, dass sie jedes bisschen Fließband-Kitsch dermaßen aus der Bahn wirft?

P.S.: Finch wünscht sich übrigens ein Duett mit Wolle Petry. DAS wird sicher hochemotional. Hölle, Hölle, Hölle.

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Doubletime Bushidos langer Abschied

Es hört nie auf: Der letzten folgt die allerletzte Tour plus Zusatzshows. Pünktlich zum Vatertag hat Finch Daddy-Issues, während Fiddy mit Diddy hadert.

1 Kommentar

  • Vor 21 Stunden

    Erstmal die Nazis in den eigenen Fan-Reihen beleidigen, jetzt der Papa-ist-weg-Song, da hat sich Finchs Marketing-Team dieses Jahr was ganz tolles ausgedacht. Wann kommt die Mammut-Kollaboration für Afrika mit Max Herre, Silbermond, Kelly Family, MaximNoise uvm.? Und dann auch noch dieser Video-Titel: Finch ist gAnZ eHrLiCh, sO vOm PaRtyRaPper zUm ZaRtMeNsCh. Ah ja, stimmt. Hätten sie "Zartmann" geschrieben hätte sich direkt der nächste überflüssige Künstler gemeldet.

    Willkommen im wahren Mainstream, Finch. Die Werners und Juttas glauben nach deiner Portfolio-Diversifikation, dass du es bist. Lass sie ja nicht deine alten Tiktoks entdecken oder diese Momente im Battlerap, wo du dem muslimischen Gugo gesagt hast, dass du seine Mutter Doggystyle immer Richtung Mekka nimmst. Wobei, wer sagt, dass die Boomer das nicht abfeiern?