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Renevierung

Ich entschuldige mich einmal kurz, dasselbe Thema zwei Wochen am Stück aufzufächern, vor allem, wenn es ein irrelevantes Thema ist, das Kollegin Fromm eigentlich schon mehr als perfekt in der Vorwoche bearbeitet hat, aber: Ich würde gerne noch einmal ein, zwei Takte zu MC Renes Abgesang auf Hip Hop-Medien ergänzen.


Zum Thema Gatekeeping: Ich bin vor allem ein bisschen fassungslos über die Aussagen zum Potential von Streaming. Ja, natürlich, Streaming hat viele coole Leute berühmt gemacht, die es davor schwerer gehabt hätten. Trotzdem klingen Renés Einschätzungen wie Techno-optimistisches Gefasel vom Anfang der Streaming-Zeit. Die Ergebnisse sind doch eigentlich inzwischen reingekommen und wir haben mehr als deutlich gesehen, wie sich Spotify bis TikTok nach einer ersten Aufruhr-Phase sehr komfortabel dorthin bewegt haben, vor allem die Interessen großer Firmen und großer Labels zu fördern.

Ich habe letztens öfter den Garbage Day-Newsletter von Ryan Broderick gelesen. In einer Ausgabe hat er einen recht interessanten Gedanken geäußert: Er sagt, dass wir es heutzutage mit einer doppelten Entwicklung von Online-Content zu tun haben. Zum einen werden wir alle dressiert, zu Kleinunternehmer-Ich-AGs zu werden. Gleichzeitig funktionieren Algorithmen für unser Content-Kleinunternehmertum wie Casinos. Was wirklich klappt, ist eine absolute Blackbox. Langfristig separiert uns dieses Prinzip mehr und mehr von realer Community und realer künstlerischer Interaktion.

Ganz einfach gesagt: Die Algorithmen verwandeln die Hörerinnen und Hörer immer weiter zu passiven, unengagierten Konsumenten: Sie finden irgendwas in einer Playlist, packen es in ihre Playlist und hören es, bis sie keinen Bock mehr darauf haben, ohne die dahinterstehenden Artists oder Alben auch nur mit dem Arsch anzugucken. Solche Hörer*innen gibt es viele, und es mag sich als Artist vielleicht gut anfühlen, wenn die Zahlen stärker steigen als zuvor. Aber selbst wenn sie das tun: Ich kenne viele Artists in meinem Freundeskreis, die teilweise Songs mit sechsstelligen Klicks auf ihren Spotify-Profilen vorzuweisen haben. Tatsächlich haben sie jedoch kaum mehr das Gefühl, mit realen Leuten über die Musik zu connecten, wie als sie noch hundert selbstgepresste CDs aus dem Kofferraum verkauft haben.

Algorithmen zersetzen im Moment das Grundgebilde von Szene. Ich weiß, viele Leute haben noch eine seltsame Hasskappe auf, gegen jeden Flavour von Musikjournalismus. Aber glaubt mir: Würden diese seltsamen Blackboxes Musikjournalismus komplett ersetzen, es würde so manches fehlen. Mein bestes Beispiel hierfür:

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