Extended Read
Auch, wenn das jetzt ein bisschen wegführt, aber ich habe eine dringende Empfehlung, wenn wir uns schon an diesem Thema so aufhängen: Einer der besten akademischen Texte, die ich in den letzten Jahren gelesen habe, ist Jens Gerrit Papenburgs "Soundfile-Hören: Zukunft, Zeiterfahrung, Bewirtschaftung".
Ja, ich weiß, das ich nicht gerade der einladendste Titel, und ich will eigentlich auch niemandem einen Text zumuten, der in den ersten Seiten direkt mit Deleuze-Mumbojumbo einsteigt. Aber trotzdem bin ich ein sehr großer Fan, wie hier Studien der Spotify-Chefs über Aufmerksamkeit aufgegriffen werden. Spotify beschreibt seinen eigenen, genialen Zug im Kampf in der Aufmerksamkeitsökonomie ungefähr folgendermaßen: Alle anderen Apps prügeln sich um die Aufmerksamkeit im Vordergrund, wir kämpfen um die Beschallung im Hintergrund.
Spotify versteht sich also, ähnlich wie Muzak, ganz explizit als etwas, das unaufdringlich im Hintergrund dudeln darf. Mehr noch: Spotify macht klar, dass sie sich als ausdrückliches Mittel der Selbstoptimierung verstehen. Sie haben große Freude daran, Musik aus ihren Kontexten und Szenen herauszulösen und in Playlists mit bestimmten Funktionen wieder einzubetten. Jazz zum Arbeiten. Pop-Rock für den Sport. Alles schon gesehen. Musik wird also aus ihrem künstlerischen Frame herausgebrochen, um ein leistungssteigerndes, aber schlussendlich keiner tieferen Aufmerksamkeit würdiges Begleitprodukt zu werden.
Ich weiß nicht, wie es euch geht, aber ich finde das eine zutiefst beleidigende und kunstfeindliche Einstellung. Ironischerweise auch, wenn die Künstler die Autorität über unsere Kunst oder Szene an diese pechschwarzen Blackboxes abgeben wollen. Oder was denkst du, MC Rene?
1 Kommentar
Interessant! Wie bist du daran gekommen? Hast du die 30 Öcken ausgegeben oder gibt's da irgendwo noch gut versteckte Auszüge?