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Sauere Frauen

Bisschen verdächtig find' ich schon, dass "das Schlimmste, das Rap je passiert ist", immer nur Frauen sind. Jennifer Weists Rap-Alter-Ego Yaenniver ist da ja auch so eine Kandidatin. Ihre jüngste Kollabo mit Eunique wird die Wellen der Empörung erneut aufschaukeln, da bin ich ziemlich sicher. Hören wir mal?

Ja. Schwierig. Ich fürchte, ich brauch' ein bisschen Vorrede. Seit Weist beschlossen hat, jetzt halt auch Rapperin sein zu wollen, schlägt ihr aus der Deutschrap-Wagenburg (die in solchen Momenten ja doch immer erstaunlich geschlossen auftritt) die blanke Verachtung entgegen. Sie könne einfach nicht rappen, habe keinen Flow, keinerlei Skills ... alles schon gehört. Irgendwie hatte ich aber von Beginn an den Verdacht, dass das Urteil weit weniger vernichtend und gnadenlos ausgefallen wäre, hätten die Leute nicht gewusst, dass das Jennifer Weist ist.

Nehmen wir "Hengstin", damit ging es damals ja, glaub' ich, los. Okay, komplett überspannte, aufgesetzte Delivery, aber, ganz ehrlich: Die Hälfte der Deutschrap-Szene flowt holpriger, machen wir uns nichts vor. Oder "Ich Ficke Jeden": Rein wie sie das liefert, find' ich, steinigt mich ruhig dafür, echt nicht so schlecht, dass man es in Grund und Boden verdammen müsste, wie es alle getan haben, auch der Kollege Leier seinerzeit. Ja, doch, ich geh' jede Wette ein: Hätte man nicht gewusst, wer das ist, wäre das mindestens irgendwo unter "so mittel" bis "schon okay" einsortiert worden.

Das Problem aber: Wir wissen ja, wer das ist, und offenbar funktioniert hier üüüberhaupt nicht, was man sich an anderer Stelle so zurechtkonstruiert, wenn mal wieder eine*r der Lieblings-Acts kapitale Vollficke von sich gegeben hat: Kunst und Künstler*in lassen sich nicht trennen.

Schöner, als es Kollege Krentz, the (in)famous Krentz aus dem Internet of niemals verblassendem Punchlinequiz-Fame, im Fall Yaenniver in Worte gefasst hat, könnte ich es eh nicht sagen, deswegen - Krentzi, bitte!

"Vorab: Ich bin null ihre Zielgruppe. Kann mit dem, was sie macht, wie sie sich gibt, etc. einfach nix anfangen. Aus Gründen, die ich kaum erklären kann, ist sie mir aber so unsympathisch, dass ich ihr grundsätzlich widersprechen will. Wenn sie sagt: 'Der Himmel ist blau', will ich am liebsten schreien: 'NEIN ER IST SCHWARZLILA GESTRUDELT MIT GIFTGRÜNEN PUNKTEN DRIN!' Und wenn ich das rausfiltere, kann ich den Song gemäßigter einschätzen."

Ja? Dann mach' mal:

"Finds scheiße. Es klingt wie Musik von YouTubern, und ich meine das so beleidigend wie es geht. Eigentlich befindet die sich ja auf der guten Seite der Macht, aber das hat alles so 'n Lack aus Werbung und Easydoesit-Optik, die mir einfach nicht taugt."

Gnihihi.
Danke, Kollege.

Ja, versteh' ich voll, und unterschreibe ich auch so. Bei mir kommt dann aber noch dazu, dass ich immer echt Bauchschmerzen kriege, wenn, wie da oben wieder, diese feministische Message (die ja eine gute ist!), mit der Brechstange transportiert wird. Nicht, dass es der Job von Frauen wäre, artig und angenehm rüberzukommen, den Scheiß haben sie uns auch lange genug erzählt. Aber wenn mir halt jemand eine richtige Message in absolut unangenehmer Manier ins Gesicht blökt, trägt das nicht unbedingt dazu bei, dass ich mir denke: Joah, gute Sache das. Dann denk' ich: Komm, geh' fort.

Interessant: Eunique macht eigentlich haargenau dasselbe wie Yaenniver. Trotzdem stößt mich der Track, sobald sie übernimmt, deutlich weniger ab. Eigentlich ... gar nicht mehr. Dieser unangenehme Vibe MUSS also doch irgendwie Jennifer Weist umwabern. Fände ich den Track also besser, wenn ich nicht wüsste, dass sie es ist? Ich weiß es nicht. Ich kanns ja nicht mehr ungesehen machen. Aber möglich wär' es.

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