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Peace? Love? Unity? Having Fun?

Über die Auswirkungen des spürbaren Rechtsrucks macht sich Ben Salomo gar keine Illusionen: "Wenn die Gesellschaft immer mehr von diesen Propaganda-Lügen toxisch aufgeladen wird, dann beginnt es mit uns Juden", zitiert ihn der Rolling Stone. "Wir sind erst mal die ersten, die es trifft. Aber danach dann die nächsten, allen voran die liberale Demokratie, denn eine Gesellschaft, die an Lügen und Gerüchte mehr glaubt als an Fakten, ist eine Gesellschaft, die man destabilisieren, auseinanderreißen und in den Krieg stürzen kann."

Insbesondere der wachsende (oder zumindest zunehmend wieder schamloser zur Schau getragene) Antisemitismus bereite ihm Sorgen: Viele seiner Freunde haben Deutschland bereits verlassen, und auch er selbst ziehe einen Wegzug in Betracht. Er habe sich bereits auf dem Arbeitsmarkt in Israel umgesehen.

Wie bedroht man sich in Deutschland fühlen muss, wenn man aktuell darüber nachdenkt, nach Israel zu gehen, in ein Land, in dem die zeit seines Bestehens schwelenden Konflikte gerade wieder blutig aufgebrochen sind: Ich kann es mir kaum ausmalen. Es ist einfach nur zum Weinen.

In Israel dominiert übrigens mit "Harbu Darbu" von Ness ve Stilla derzeit ein Drill-Song die Charts, der die israelischen Streitkräfte preist, Blut und Feuer auf die Hamas herabpredigt und unter anderem Dua Lipa, die sich palästinafreundlich geäußert hatte, den Tod wünscht. Auch das finde ich zum Weinen, weil: Weiter weg von der Ausgangsbasis - Peace, Love, Unity and Having Fun - kann sich Hip Hop kaum noch entfernen.

Weil das so unerfreulich ist, zeig' ich das hier auch gar nicht, sondern stell euch statt dessen Sharon vor - auch wenn ihr Song "Green Tea" nicht mehr ganz frisch ist:

Die jüdische Rapperin aus Pforzheim kam mir unlängst beim Deutschlandfunk unter, wo - keine Überraschung, leider - auch sie eine Zunahme antisemtischer, aber auch rassistischer Anfeindungen beklagte. Auswandern scheint für sie aber keine Option darzustellen: "Es darf nicht so weit kommen, dass wir uns verstecken", betont sie. Von Lagerbildung hält sie nichts: "Ich find' das sehr problematisch und eine falsche Herangehensweise", kommentiert sie Forderungen, sich zum Nahostkonflikt eindeutig zu positionieren. "Es gibt ja tote Menschen auf beiden Seiten, und die eine Seite ist nicht weniger schlimm als die andere. Ich find' sehr problematisch, wenn man anfängt, den Tod unschuldiger Zivilisten zu rechtfertigen oder den auch noch zu feiern."

Halb- und unwissend große Reden zu schwingen halte sie für gefährlicher, als sich gar nicht zu äußern. "Sie schreien: 'Free Paletine!', aber wissen nicht, von wem." Zumindest solle man sich doch soweit einigen können, dass man es in der Hamas mit Terroristen zu tun hat, nicht mit "Freiheitskämpfern". Ich versteh' ernsthaft nicht, dass zweiteres in der offenbar schwer verwirrten linken Szene hierzulande überhaupt zur Debatte steht.

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